Sportmedizin beim Hund – Eine besondere Herausforderung

+++LESEPROBE aus der SPF 32+++

Von Dr. Alexandra Keller

 

Die Sportmedizin ist schon seit über 100 Jahren eine anerkannte Spezialisierung im Bereich der Humanmedizin. Bei den Tieren wird schon seit vielen Jahren der Pferdesport praktiziert, und die Tierärzte, die Sportpferde betreuen, haben besondere Kenntnisse und sind Spezialisten in ihrer Disziplin.

 

In den letzten Jahren hat auch die Bedeutung des Hundes im Sport enorm zugenommen. In verschiedenen Disziplinen wie Agility, Obedience, Windhunderennen etc. werden die Hunde immer stärker gefordert und professioneller eingesetzt. Die tierärztliche Betreuung der Sporthunde dient dabei nicht nur der Diagnose und Therapie von speziellen Verletzungen und Erkrankungen, sondern auch der Prävention von Verletzung und der Optimierung und Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit. Die Sportmedizin umfasst dabei verschiedenste Bereiche der Tiermedizin mit dem Schwerpunkt der Anatomie und Biomechanik, Physiologie, Orthopädie, innere Medizin, Kardiologie, Neurologie, und darüber hinaus sind exakte Kenntnisse der Haltungsbedingungen, der Ernährung und des Trainings notwendig. Spezielle Kenntnisse der jeweiligen Sportart sind dafür genauso eine Voraussetzung wie eine spezialisierte Untersuchung mit Gangbild- und Standanalyse und einer differenzierten orthopädischen Untersuchung und unabdingbare Voraussetzung für eine effektive Kommunikation mit dem Hundeführer.

Die besondere Herausforderung der Sportmedizin ist die Zusammenarbeit mit gut geschulten Hundebesitzern, eine hohe Kundencompliance und die Arbeit mit „gesunden“ Hunden, die häufig eher durch Performanceprobleme auffallen. Die Erfolgsrate im Bereich der Rehabilitation ist hoch und der Therapieerfolg ist im Wettkampf und im Training messbar.

 

Sportmedizinische Untersuchung

Bevor ein Hund mit einer Sportart anfangen sollte, ist es sinnvoll, ihn zu einer sportmedizinischen Untersuchung vorzustellen. Dabei wird die Gesundheit des Bewegungsapparats, des Herz-Kreislauf-Systems sowie die sämtlicher Organe untersucht. Bei der Untersuchung des Bewegungsapparats ist die Gangbildbeurteilung genauso wichtig wie die exakte orthopädische Untersuchung und bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Ultraschall. Da es in einigen Sportarten notwendig ist, mit den ersten leichten Übungen früh zu beginnen, ist es auch möglich, diese Untersuchungen entsprechend früh durchzuführen. Wenn der Hund noch in der Entwicklung ist, besteht dann auch noch die Möglichkeit, das Wachstum positiv zu beeinflussen.

Mit der PennHIP-Untersuchung ist es ab einem Alter von vier Monaten möglich, die Entwicklung und Veranlagung der Hüfte zu beurteilen. Hierzu werden drei Röntgenbilder in Sedierung angefertigt, der Distraktionsindex und damit die Lockerheit des Hüftgelenks bestimmt. Der Vergleich mit Messungen der gleichen Rasse ermöglicht eine sehr genaue Beurteilung über die mögliche Entwicklung einer Hüftdysplasie.

Außerdem ist es wichtig, den jungen Hund schon früh auf einen symmetrischen Gang zu untersuchen und diesen bei Abweichungen durch chiropraktische Behandlungen, Physiotherapie und Balanceübungen möglichst früh zu korrigieren. Damit kann die Entwicklung des Bewegungsapparats möglichst ideal stattfinden und ein guter Einstieg in den Hundesport ermöglicht werden.

Medizinische Betreuung im Hundesport

Die Probleme bei Sporthunden unterscheiden sich von denen der normalen Familienhunde. Entsprechend der jeweiligen Sportart liegen die Probleme des Bewegungsapparats häufig im Bereich der Muskulatur und Sehnen. Eine exakte Diagnose ist für eine gezielte und erfolgreiche Therapie entscheidend.

Neben einer exakten Gang- und Standbildanalyse und einer detaillierten orthopädischen Untersuchung spielt bei der Diagnosesicherung der orthopädische Ultraschall eine entscheidende Rolle. Dieser ermöglicht eine bewegte bildgebende Untersuchung des Bewegungsapparats und wird durch Röntgen, CT und MRT ergänzt.

 

Typische Sportverletzungen

Die Belastung für die Hunde ist bei den einzelnen Sportarten sehr unterschiedlich. Während der Windhund auf der Rennbahn der klassische Kurzstreckenläufer bei extremen Geschwindigkeiten ist, muss der Schlittenhund eine extreme Ausdauer vorweisen. Die Agility- oder Schutzhunde als Intermediärathleten müssen wendig sein und auch innerhalb kurzer Zeit Höchstleistung vollbringen. Ganz klar ist, dass ein unterschiedliches Verletzungsrisiko für die Athleten besteht, und trotzdem kann man sagen, dass im Hundesport die Probleme eher im Bereich der Muskulatur und Bänder liegen als direkt in einem Gelenk. Die Hunde weisen zum Teil nur Performancedefizite auf oder fallen durch eine Leistungsschwäche auf. Werden die Hunde frühzeitig bei einem Sportmediziner oder qualifizierten Physiotherapeuten vorgestellt, können Probleme erkannt und gezielt behandelt werden, bevor eine deutliche Lahmheit entsteht.

In allen Sportarten fallen die Hunde mit Rückenproblemen auf. Da die Bewegung des Rückens entscheidend für den Bewegungsablauf ist, haben diese Hunde neben einer Leistungsschwäche und Schmerzen ein deutlich erhöhtes Verletzungsrisiko und es kommt zu einer Fehlbelastung der Gliedmaßen und damit zu Überlastungssyndromen.

Probleme in den Gliedmaßen liegen zum einen in der Schultergürtelmuskulatur. Häufig weisen die Hunde eine Tendinitis des M. supraspinatus, M. infraspinatus oder M. biceps brachii auf. Auch kann es bei dauerhafter Fehlbelastung zu Schleimbeutelentzündungen (M. infraspinatus, M. biceps brachii) kommen, die zu einer hochgradigen Lahmheit führen können. Eine weitere häufige Ursache für eine Lahmheit der Vordergliedmaßen ist die mediale Schulterinstabilität. Diese tritt akut mit hochgradiger Lahmheit, aber auch chronisch mit weniger starker Lahmheit auf.

Die häufigste Ursache für eine Lahmheit der Hintergliedmaße ist beim Hund das Knie. Dies trifft auch für den Sporthund zu, allerdings ist es wichtig, eine detaillierte Diagnostik durchzuführen. Nicht selten sind nicht das Kreuzband oder der Meniskus die Ursache für Schmerzen im Knie, sondern eine Entzündung im Fettkörper, Schleimbeutelentzündungen, Bänderzerrungen oder auch eine Tendopathie des M. gastrocnemius. Eine weitere häufige Ursache für Probleme in der Hintergliedmaße ist das Psoassyndrom oder eine Tendopathie des M. psoas major. Dies ist der wichtigste Beuger der Lendenwirbelsäule und Hüfte, und neben Lahmheiten fallen diese Hunde durch eine fehlende Streckung der Hintergliedmaße auf.

Neben den Problemen in der Muskulatur im Bereich der großen Gelenke ist eine Lahmheit häufig durch Verletzungen in den Zehen-, Karpal- oder Tarsalgelenken bedingt. Hier kommt es häufig zu Kapsel- oder Bänderzerrungen, die den Bewegungsablauf auch nachhaltig stören können und sehr schmerzhaft sind. (…)

SitzPlatzFuss 32 Cover+++ ACHTUNG: Dies ist eine Leseprobe! Den vollständigen Artikel finden Sie in der SPF 32, versandkostenfrei bestellbar im Cadmos-Shop. +++

Dr. Alexandra Keller ist promovierte Tierärztin und Fachtierärztin für Chiropraktik (AUT), offizielle Gutachterin für PennHIP Diagnostik und Patellaluxation. Sie ist in der auf Sportmedizin und Orthopädie spezialisierten Gemeinschaftspraxis „Tierärztliches Orthopädie Team Frankfurt“ tätig. Dr. Alexandra Keller ist  zertifiziertes Mitglied der International Veterinary Chiropractic Association (IVCA) und übernimmt seit 2005 Lehrtätigkeiten an der Internationalen Akademie für Veterinärchiropraktik (IAVC).
Weitere Infos: www.tierorthopaedie-frankfurt.de

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