Ein Interview mit Linda Tellington-Jones auf Hawaii

Von Karin Petra Freiling

Hier bin ich bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel unter Palmen auf Big Island in Hawaii und kann mir keinen schöneren Ort vorstellen, um meine liebe Freundin, Wegbegleiterin und Lehrerin, die Begründerin der einzigartigen Tellington-TTouch®-Methode, zu interviewen.

Ich bin das 14. Mal bei Linda Tellington-Jones auf Hawaii und habe wieder die Ehre, in ihrem Haus zu wohnen, in dem sie gemeinsam mit ihrem Mann Roland Kleger lebt. Derzeit haben die beiden leider keinen Hund. Ihre Hündin Rayne,  eine liebe vierbeinige Freundin von mir, ist 2014 im Alter von 15 Jahren für immer eingeschlafen. Linda möchte ihr Leben jedoch gerne wieder mit einem Hund teilen, und Roland antwortete auf die Frage, wie Rayne ihr Leben bereichert habe: „Rayne hat aus uns eine Familie gemacht.“ Diese Aussage rührt mich zu Tränen.

Vögel zwitschern, es weht eine leichte Brise und die Luft duftet wunderbar. Gerade sind wir zurück vom Schwimmen mit den Delfinen. Wir sitzen zusammen auf einem gemütlichen Sofa auf dem Balkon, und wie immer, wenn wir gemeinsam arbeiten, herrscht eine friedliche, kreative und sehr inspirierende Stimmung.

LindaWeb1

Karin Petra Freiling: Linda, wie kam es dazu, dass du mit Tieren arbeitest?

Linda Tellington-Jones (lacht): Nun, ich bin in einer sehr tierlieben Familie in Kanada auf einer Farm aufgewachsen. Unser Hofhund begleitete mich überallhin. Wir hatten Pferde für die Arbeit auf dem Feld, die den Pflug zogen und andere Arbeiten verrichteten.

Ich erinnere mich, wie meine Mutter einmal angebrütete Enteneier mit ins Haus brachte, da die Entenmutter verunglückt war. Unsere Katze hatte gerade Junge, als die kleinen gelben Entenküken am warmen Ofen tatsächlich schlüpften. Sie nahm die kleinen Federbällchen als ihre Jungen an, putzte sie, pflegte sie und versuchte sie sogar zu säugen. Nicht alle überlebten, aber es zeigt das tiefe Mitgefühl für Tiere, das schon in meinen Wurzeln liegt. Meine Mutter rettete auch einmal eine Maus, die in die Melasse gefallen war. Sie wusch sie sauber und trocknete sie, bevor sie sie wieder in die Freiheit entließ. Mein Großvater wurde morgens regelmäßig von einem Kaninchen geweckt, das war schon damals ungewöhnlich, und ich glaube, das gibt es auch heute nicht allzu oft.

Ich hatte mein erstes Pferd mit sechs Jahren, um damit zur Schule zu reiten. Bei der Schule gab es einen Stall, dort wurden die Pferde während der Unterrichtsstunden untergebracht, danach ritten wir wieder nach Hause. Man kann sagen, dass ich meine Kindheit auf dem Rücken der Pferde verbracht habe. Auf meinem Nachhauseweg wohnte eine Reitlehrerin. Durch Stallarbeiten, wie Ausmisten und Pferdeputzen, erarbeitete ich mir Trainingsstunden bei ihr, und schon im Alter von 13 Jahren unterrichtete ich selbst Erwachsene, die reiten lernen wollten, und ich ritt selbst sehr erfolgreich auf Turnieren. Später verteidigte ich sieben Jahre lang den Rekord der besten Kondition im 100-Meilen-Distanzritt in Oklahoma.

 

K. P. F.: Und wie bist du zur Arbeit mit Hunden gekommen?

T.-J.: Mit meinem ersten Mann, Wentworth Tellington, leitete ich die Pacific Coast Equestian Research Farm. Dort hatten wir viele Pferde und wir züchteten Deutsche Doggen. Sie waren unsere Wachhunde. Ich liebte diese Rasse, sie meldeten, wenn Fremde kamen, sie warnten uns vor Gefahren, aber sie waren niemals aggressiv. Damals waren die Vertreter dieser Rasse noch eher Arbeitshunde und sie freuten sich über einen Job. Sie lebten draußen in ihren Hundehütten und nicht im Haus. Sie waren aber immer bei uns und um uns herum.

1975–1979 in meiner Ausbildung zum Feldenkrais® Practitioner bei Dr. Moshé Feldenkrais bekam ich eine neue Sicht auf meine Arbeit. War ich zuvor auf die Entspannung der Muskeln konzentriert, lag nun mein Fokus mehr auf dem Nervensystem und darauf, dem Körper durch ungewöhnliche Bewegungen und Berührungen neue Bewusstheit zu geben. 1981 assistierte ich in einem von Moshés Trainings. Dort arbeitete ich zum ersten Mal mit einem Hund, unter Berücksichtigung all der Dinge, die ich zuvor gelernt hatte. Heute ist daraus eine unserer goldenen Regeln geworden: „Ändere die Körperhaltung und du änderst das Verhalten.“

In unserer Pension in Emhorst College war ein Hund, der ständig bellte. Ich wurde um Hilfe gebeten. Ich beobachtete zunächst die Körperhaltung des Hundes, und was ich herausfand, war, dass wenn der Hund bellte, sein Kopf nach oben gestreckt war, seine Schultern und der Nacken waren steif, ebenso die Rute. Sein Körper war nicht in Balance. Ich legte meine Hände auf seinen Körper und arbeitete sanft an seinem Nacken und allen anderen offensichtlich verspannten Stellen, um ihm so ein neues Körpergefühl zu geben. Seine Körperhaltung änderte sich zeitgleich mit seinem Verhalten. Schon nach drei Behandlungen war er ein ruhiger, ausgeglichener Hund und alle konnten wieder schlafen. Damals wurde mir klar, dass ich das Verhalten eines Tieres zum Positiven verändern kann, indem ich ihm helfe, die Körperhaltung in Balance zu bringen.

Ein anderer Aha-Moment mit Hunden war Mitte der Achtzigerjahre in einem Training in New Jersey. In dieser Ausbildungsgruppe war ein Dalmatiner, der als Angstbeißer verschrien war. Man erzählte mir, dass er ohne Warnung zubiss. In diesem Fall konnte ich erkennen, dass kurz bevor der Hund in ein aggressives Verhalten verfiel, seine Rute sehr steif wurde und steil nach oben gerichtet war. So beschloss ich, an der Rute zu arbeiten und ihm ein besseres Körpergefühl zu geben. Sanft bewegte ich die Wirbel auf und ab wie an einer Perlenschnur. Die zuvor sehr angespannte Rute wurde geschmeidig und sein aggressives Verhalten war kaum noch vorhanden.

 

P. F.: Wie lange hat es gedauert, bis sich das Verhalten des Hundes so dramatisch verbesserte?

T.-J.: Es verbesserte sich an einem Wochenende schon durch zwei Behandlungen. Genau wie wir das so oft in unserer TTouch®-Methode gesehen haben.

Es geht immer um das Bewusstsein, wir müssen den Hunden ein neues Gefühl für sich, ihren Körper und ihr Verhalten vermitteln. Jahre später wurde mir klar, dass das aggressive Verhalten mit dem sympathischen und parasympathischen Nervensystem zusammenhängt. Während wir die Methode entwickelten, wurde uns mehr und mehr klar, dass schwieriges Verhalten oft physische Ursachen hat.

 

K. P. F.: Erzähl uns doch bitte etwas darüber, wie sich die Tellington-TTouch®-Methode verbreitet hat.

T.-J.: Die Methode hat sich über viele Jahre entwickelt. Zunächst arbeitete ich mit einer speziellen Massage an Pferden. Diese Massage hatte ich von meinem Großvater gelernt. Ich war sehr erfolgreich, und mein Mann und ich leiteten von 1964 bis 1974 unsere Ausbildungsstätte für Reitlehrer. Wir führten viele Untersuchungen in der Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Ärzten durch.

Mein Mann und ich schrieben ganze Serien für mehrere Pferdezeitschriften. Wir schrieben unser erstes Buch mit dem Titel Physiotherapie und Massage für Sportpferde. Viele Pferdezeitschriften waren interessiert an meiner Arbeit und berichteten regelmäßig darüber. Zunächst waren das nur die Zeitschriften in den USA, aber dann auch die aus anderen Ländern. Zunächst in Australien. 1981 reiste ich nach Australien, um dort zu unterrichten; ein Journalist lud mich zu einer Fernsehshow bei ABC Australia ein. Dies war das größte Fernsehstudio in Australien.

In den frühen Achtzigern filmte ein Journalist eine Dokumentation, diese wurde in zwölf Ländern ausgestrahlt. Durch einen Artikel in der Pferdezeitschrift Western Horseman wurde Ursula Bruns auf mich aufmerksam. Sie war fasziniert darvon, dass wir unsere Pferde ohne Gebiss reiten konnten, und kam gemeinsam mit Prof. Dr. Isenbügel zu unserem Ausbildungszentrum. Nach der Ausbildung ging sie zurück nach Deutschland und unterrichtete dort Erwachsene in Sachen Freizeitreiten in ihrem bekannten Reitzentrum in Reken. Ursula schrieb in ihrer eigenen Pferdezeitschrift über meine Methode. So entstand großes Interesse, und sie lud mich 1975 zu der großen Pferdemesse, der Equitana in Essen, ein. Dort zeigten wir das Halsringreiten ohne Gebiss. Das faszinierte viele Menschen, und so reiste ich auch in die Schweiz und nach Österreich.

Und wieder waren es die Zeitschriften, die dabei halfen, unsere Methode zu verbreiten. Oft werde ich gefragt, wie ich es schaffte, die Methode so weit zu verbreiten, und was das Geheimnis meines Marketings ist. Ich muss sagen, ich brauchte mich nur wenig mit dem Marketing beschäftigen, ich hatte auch gar keine Zeit dazu, da ich so sehr mit dem Unterrichten beschäftigt war. Das Einzige, was ich tat, war auf die Fragen der Journalisten zu antworten. Es waren die Pferdezeitschriften und Fernsehaufzeichnungen, die wie durch Zauberhand für diesen Erfolg sorgten. Dafür bin ich zutiefst dankbar.

Es ist erstaunlich, wie sich die Methode verbreitet hat. Eugenie Chopin kam aus Afrika und brachte diese Methode dorthin. Wir haben inzwischen so viele Practitioner in Afrika.

Die Tierärztin Polina Erginova kam aus Russland und lud dann dich ein, Karin, um die Methode in Moskau zu unterrichten. Unsere italienischen Tierärzte Massimo und Sylvia da Re kamen nach Wyoming zu einem Wochenkurs und dann vielen weiteren, wurden zertifiziert und leiten nun die Kurse in Italien.

Unser Research Farm Newsletter erreichte 1964 schon zwanzig Länder. Und immer waren Tierärzte sehr interessiert an unserer Arbeit. Die Tierärztin Martina Simmerer brachte die Tellington-TTouch®-Methode an die Universität in Wien, wo ich mehrfach unterrichtete. Auch an den tierärztlichen Hochschulen in Hannover und in Zürich gab ich Vorlesungen für angehende Tierärzte.

Dr. Daniela Zurr, eine unserer brillanten ganzheitlichen Tierärztinnen, schrieb ein Buch über Tellington TTouch® in der Tierarztpraxis. Sie leitet derzeit eine Ausbildung in Portugal. Die große Anzahl der Tierärzte, mit denen ich zusammenarbeiten durfte, hat unsere Methode maßgeblich beeinflusst.

1993 produzierte ein Privatsender 30-minütige Informationssendungen über unsere TTouch®-Arbeit, sogenannte Infomercials. Es waren Videos über die Arbeit mit Katzen, Hunden, Pferden und anderen Tieren. Dies half wirklich sehr, die Methode in den USA zu verbreiten. Auch meine Bücher und Videos halfen, unsere TTouch®-Arbeit bekannter zu machen.

1984 gründete ich den gemeinnützigen Verein Animal Ambassador International. Ich arbeitete in Russland (in den Zeiten des kalten Krieges) als Diplomatin mit russischen Tierärzten zusammen. Dies geschah im Auftrag des Esalen-Instituts. Dieses Institut setzte sich ein für den russisch-amerikanischen Austausch, und der Wunsch war, dass sich Menschen kennenlernen durften, ohne dass die Politik im Wege stand. Das große Ziel dahinter war es, einen Atomkrieg zu verhindern.

Die Russen waren total abgeschnitten von der Außenwelt. Über die Arbeit an den Pferden gelang es mir schnell, eine vertrauensvolle Freundschaft aufzubauen. Zehn Mal reiste ich als Diplomatin nach Moskau, um dort zusammen mit den Tierärzten im Olympiazentrum in der „Academy of Science“ und dem Zoo zusammenzuarbeiten. Ich hatte eine großartige Verbindung mit dem Zoo, dies könnte ein eigenes Buch füllen. In dieser Zeit ist mir klar geworden, wie wichtig unsere TTouch®-Methode für Kinder ist. Bald wird ein Buch über unsere damaligen und die derzeitigen Projekte für Kinder und Tiere rund um die Welt erscheinen.

 

K. P. F.: Wie kam es zur Verbindung zwischen TTouch® und Wissenschaft?

T.-J.: In den Sechzigern hielten mehr und mehr Menschen ihre Pferde auf ihrem eigenen Grundstück. Sie hatten aber leider nicht viel Ahnung davon, wie man Pferde behandelt, füttert und pflegt. So stellte ich in Zusammenarbeit mit meinem damaligen Mann und der University of California in unserer Einrichtung, der Pacific Coast Equestian Research Farm, hilfreiche Informationen für die Pferdebesitzer zusammen. Viele Tierärzte aus aller Welt kamen zu uns, um bei uns zu lernen, zum Beispiel wie man natürliches Kelp anbaut und wie man das Pferd auf natürliche Weise mit Vitaminen und Mineralien versorgen kann und vieles mehr.

Etwa 15 Jahre lang wendete ich die Pferdemassage an, die ich von meinem Großvater gelernt hatte. Dann begann ich meine Feldenkrais-Ausbildung und fokussierte mich mehr auf das Nervensystem und nicht mehr so sehr auf die Muskeln. Ich suchte nach Wegen, die Pferde ohne Druck, Zwang und Dominanz auszubilden. Die ungewöhnlichen Bewegungen und Berührungen, auf denen die Feldenkrais-Arbeit beruht, waren eine große Hilfe.

1983 hatte ich ein Aha-Erlebnis, als ich während der Arbeit an einem äußerst ängstlichem Pferd herausfand, dass unser 1 ¼-TTouch® Basiskreis Schmerz und Aggression reduziert. Dies war der Moment, als mein Blick noch feiner wurde und ich den Fokus darauf legte, die Angst in den Tieren nicht nur über die Arbeit mit dem Nervensystem, sondern auf zellulärer Ebene zu reduzieren. All dies fand ich intuitiv heraus. Händeringend suchte ich nach Erklärungen, da dies für so lange Zeit meine Arbeit auf unserer Research Farm war. Aber zu der Zeit konnten wir keine Erklärung für die unglaubliche Wirkung der TTouch® Basiskreise finden. Es war meine Absicht, den Zellstoffwechsel und das Licht in den Zellen zu aktivieren. Aber wie gesagt, ich konnte es nicht erklären, es war einfach meine Intuition, ein Gefühl.

1984 führten wir mit der Neurologin Anna Wise am Boulder Institute of Biofeedback die erste Studie durch. Hier konnten wir zum ersten Mal schwarz auf weiß auf dem Computer sehen, dass die kreisförmigen TTouches® einen bemerkenswerten, messbaren Effekt auf die Gehirnwellen haben. Anna Wise fand in ihrer Doktorarbeit heraus, dass Genies eine ganz bestimmte Konstellation von Gehirnwellen aufweisen, spiegelsymmetrisch in beiden Gehirnhälften. Unsere Studenten hatten bei der ersten Untersuchung unterschiedliche Muster im Biofeedback, aber alle kamen nach drei TTouch® Basiskreisen in diesen Gehirnwellenzustand, der für Genies typisch ist; Anna Wise nannte dieses Muster den „awakened mind state“ (zu lesen im Buch Power Mind Training). Dieses Muster zeigte sich sowohl bei denjenigen, die die TTouches® ausführten, als auch bei denen, die die TTouches® erhielten. 1985 führten wir eine zweite Studie mit den gleichen faszinierenden Effekten durch.

In dieser Zeit wurde mir immer klarer, wie wichtig unsere Intention ist, um die Zellfunktion zu unterstützen. Jahrelang erklärte ich es damit, dass ich mir vorstelle, dass wir die elektrischen Lichter in den Zellen anknipsen. Wenn Angst, Schmerz oder Unwohlsein den Körper beherrschen, dann ist es so, als wäre das Licht in den Zellen gedimmt. Aber wieder war dies nur ein Gefühl, ich hatte keinerlei wissenschaftlichen Hintergrund, der diese These unterstützen konnte.

Als ich vom Direktor von Center of Spirituality and Healing an der University of Minnesota interviewt wurde, lernte ich, wie wichtig meine Intuition ist. Er sagte, dass alle neuen Körpertherapien, Erkenntnisse und bemerkenswerten Erfindungen durch Intuition entstehen. Nach diesem Gespräch fühlte ich mich erleichtert und viel besser. Ich lernte, mehr und mehr meiner Intuition zu vertrauen. 2000 unterrichtete ich meine Methode an dieser Universität; sie war so anerkannt, dass sie sogar als Diplomstudiengang akzeptiert wurde.

2006 traf ich Prof. Dr. Fritz Albert Popp am Biophysikalischen Institut in Neuss. Ich führte drei TTouches® an seinem Rücken aus und erklärte ihm, dass ich seit Jahren das Gefühl habe, dass wenn in den Zellen Angst, Schmerz oder Unwohlsein vorherrschen, das Licht gedimmt sei und dass wir einen großen Einfluss darauf nehmen können, indem wir die 1 ¼ Basiskreise ausführen. Er bekräftigte meine These, indem er sagte, dass das Licht (Biophotonen) in den Zellen die Kommunikationsfähigkeit der Zelle repräsentiert. 2009 führten wir die Studie im Biophysikalischen Institut bei Prof. Dr. Fritz Albert Popp durch, diese bestätigte meine These: TTouch® unterstützt den Zellstoffwechsel.

Ein großes Puzzlestück kam für mich hinzu, als ich das Buch des Nobelpreisgewinners Dr. Sir Charles Sherrington las. Er schrieb, dass jede Zelle genau weiß, was sie im Körper zu tun hat. Als ich das las, dachte ich: „Moment mal, wenn das wahr ist, dann ist alles, was ich tun muss, durch die sanfte Berührung meiner Hand mit den Zellen zu kommunizieren und zu erlauben, dass die Intelligenz meiner Zellen mit der Intelligenz des Körpers desjenigen, den ich berühre, egal ob Mensch oder Tier, im Austausch steht. So kann ich die Zellen an ihre ideale Funktion erinnern.“ Einmal mehr verstand ich, wie unglaublich wichtig eine klare Intention ist. Es war wie eine kraftvolle Bestätigung.

Ich überlege, wie das alles gekommen ist, aber ich habe nicht viel dazu getan. Diese Erkenntnisse und Erlebnisse erschienen wie Wunder und Geschenke auf meinem Weg.

In den Achtzigern gab ich eine Präsentation vor 600 Teilnehmern. Ich arbeitete an einem sehr reaktiven und schwierigen Pferd, meine Hände arbeiteten intuitiv. Eine Frau fragte: „Linda, was tust du da?“ Ich antwortete wieder intuitiv: „Ich löse die Angst auf zellulärer Ebene.“ Als ich das gesagt hatte, dachte ich: „Oh nein, was rede ich denn da? Nun wird mich keiner mehr ernst nehmen.“ Niemand sprach in dieser Zeit über Zellen und ich verunsichert. Ich rief meine Freundin Dr. Alice Degrut an. Sie arbeitete mit Traditioneller Chinesischer Medizin. Ich fragte sie: „Alice, hältst du es für möglich, dass Zellen Angst speichern?“ Sie beruhigte mich und sagte: „Ach Linda, natürlich, so ist es. Diese Erkenntnis ist nur noch nicht in unserer westlichen Welt angekommen.“ Ich fühlte mich besser. In den frühen Neunzigern schrieb Dr. Candace Pert das Buch Moleküle der Gefühle und bestätigte diese These. Sie hat bewiesen, dass Zellen über chemische Verbindungen Emotionen speichern. Bis zu dieser Erkenntnis dachte man, dass diese Prozesse im Gehirn ablaufen, aber die Wahrheit ist, dass es im Körper geschieht.

Wie schon gesagt waren Tierärzte in der gesamten Entwicklung unserer Methode wichtig. Zum Beispiel Dr. Tom Becker. Als ich in Israel war, begleitete mich ein Tierarzt auf all meinen Präsentationen und Trainings, weil er so viel wie möglich über TTouch® lernen wollte. In unseren Kursen heutzutage haben wir überwiegend Hundetrainer und Tierärzte. Die TTouch®-Methode zieht mehr und mehr Wissenschaftler und Visionäre an, wie zum Beispiel den bekanntesten Zellbiologen unserer Zeit, Dr. Bruce Lipton. Seine Tierliebe und mein Interesse an Zellen führten dazu, dass wir 2014 eine gemeinsame Präsentation in Wien leiteten.

 

K. P. F.: Was ist es für ein Gefühl, so einen enormen Einfluss zu haben?

T.-J.: Ich kann nur sagen, dass ich mich wirklich gesegnet fühle. Ich bin voller Dankbarkeit und fühle mich privilegiert, dass ich die Möglichkeiten hatte, durch die Türen zu schreiten, die sich für mich geöffnet haben. Die Türen, die Ursula Bruns geöffnet hat, die Türen, die die Equitana für mich öffnete, die ich nun seit 40 Jahren besuche. Die Türen, die dank meines ersten Manns geöffnet wurden. Es ist mir wichtig, diese fantastischen Menschen zu würdigen, die mein Leben in eine bestimmte Richtung geführt haben.

Die Untersuchung meines Gehirns durch Russle Targ von der Standford University weckte in  mir das Interesse um die Funktionen der rechten und linken Gehirnhälfte und was es bedeutet, Logik und Intuition zu besitzen. In dieser Untersuchung stellte sich heraus, dass meine beiden Gehirnhälften nahezu gleichwertig arbeiten. Die Aktivität war fast 50 Prozent zu 50 Prozent auf die rechte und linke Gehirnhälfte verteilt. Ohne diese Untersuchung hätte ich mich sicher nie so sehr für gehirngerechtes Lernen interessiert. Mein ganzes Leben lang schon lese ich sehr gern. Es ist ein Privileg, in der Lage zu sein, eine Körperarbeit zu entwickeln, die jeder anwenden kann, die ein Kind ebenso gut durchführen kann wie ein Erwachsener, indem sie einfach den 1 ¼ Basiskreis ausführen. Sie müssen nicht unbedingt die Philosophie dahinter verstehen. Wenn sie einfach den TTouch® anwenden, sehen wir immer wieder dramatische Veränderungen im Verhalten, in der Leistung, in den Beziehungen, der Fähigkeit und dem Willen eines Tieres zu lernen. Dies ist für mich ein Wunder. Und ich glaube, dass sich diese Türen für mich geöffnet haben, weil ich ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit in mir verspüre. Es ist nicht so, als hätte ich da allein etwas Großartiges geschaffen, nein, ich war einfach privilegiert und durfte eine Art Hebamme sein, gemeinsam mit all den fantastischen Leuten, wie meine Schwester Robyn Hood, wie du, Karin, und unsere Instruktoren und all die Menschen, die sich von der TTouch®-Arbeit angezogen fühlten. Alle Tierärzte, die TTouch® auf die ein oder andere Art in ihre Arbeit integrieren möchten und uns so lange treu waren. Dr. Tom Becker begleitet uns seit den frühen Achtzigern, Dr. Allan Schoen ist Mitglied unserer Expertengruppe, Prof. Dr. Ewald Isenbügel kenne ich von der Zeit, als er als Tierarzt graduiert wurde, bis zu seiner Emeritierung von der Züricher Universität, und wir sind noch immer sehr gut befreundet und stehen im regen Austausch. Das sind für mich alles Wunder. Meine Freunde sind wie eine Familie, die sich auszeichnet durch ein tiefes Mitgefühl und durch das Anerkennen der Geschenke, die die Tiere in unser Leben bringen.

Es ist eine Herausforderung, Menschen zu zeigen, wie viel schöner es ist, Tiere einfühlsam zu behandeln. Es ist so viel besser für die eigene Herzkohärenz und somit für unsere eigene Gesundheit, wenn wir voller Mitgefühl und Verständnis handeln, anstatt dem alten Konzept von Dominanz zu folgen. Ich danke Gott für die Erkenntnisse der Quantenphysik, denn sie gibt uns Validation für all die Dinge, die wir intuitiv entwickelt haben.

Mitgefühl entsteht durch Verstehen. Das ist mein Ziel für die nächsten Jahre, dass wir Mitgefühl, Liebenswürdigkeit, Bewusstsein und Güte aus dem Verstehen heraus entwickeln können. Das sind die Geschenke, die unsere Tiere in unser Leben bringen. Für mich ist das größte Geschenk, dass sie unser Herz öffnen, und zwar nicht nur dem Tier gegenüber, sondern auch sich selbst, der Familie und den Freunden gegenüber.

 

K. P. F.: Glaubst du, dass sich die Mensch-Hund-Beziehung in den letzten 25 Jahren verändert hat?

T.-J.: Oh ja, die hat sich sehr geändert. Früher hatte man die Hunde zum Schutz, für den Sport oder zur Zucht, um Geld zu verdienen. Und heutzutage sind die Hunde in großen Teilen unserer westlichen Welt ein Familienmitglied. Manchmal ist der Hund ein Lebensgefährte und oft übernehmen Hunde die Rolle eines Kindes. Dies ist nicht nur bei Senioren der Fall, auch junge Menschen wählen aufgrund ihrer Lebenssituation oft einen Hund. So wie mein Mann Roland sagte: „Rayne machte aus uns eine Familie.“ Menschen retten Hunde von den entferntesten Ecken der Welt, und ich verstehe nicht, warum das so ist, aber vielleicht ist es eine Reflexion unserer selbst, vielleicht retten sich viele selbst damit. Dies war definitiv nicht so vor 25 Jahren.

Für mich persönlich hat sich viel verändert. In meinem früheren Leben hatten die Hunde einen Job zu erledigen. Sie bewachten die Farm, und ja, ich liebte sie, aber sie lebten nicht im Haus. Sie lebten draußen in ihren Hundehütten. Das ist für einige Wachhunde auch heute noch so, aber für viele Hunde hat sich das geändert. Sie haben ihre eigenen Betten oder Sofas. Es ist faszinierend, wie viel Geld für die geliebten Hunde beim Tierarzt, für den Hundekindergarten oder Hundesitter, für die Fütterung, für Kleidung, Ausrüstung und Spielzeug ausgegeben wird. Sie sind vollständig in die Familie integriert. Ich glaube, dass ich es nicht lange aushalten kann, ohne einen Hund zu leben. Sie sind so wichtig für unser Herz. Wir brauchen sie für unser Herz.

(…) +++ LESEPROBE +++ vollständiges Interview in der SPF Ausgabe 23!

 

 

Karin Petra Freiling…

… ist Diplombiologin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, NLP-Master, TTouch-Instruktorin, Hunde-Physiotherapeutin und Gesundheitsberaterin der Reformhaus-Fachakademie. Sie arbeitet seit vielen Jahren mit schwierigen Hunden und gibt Seminare für Hundebesitzer und Nichthundehalter im gesamten deutschsprachigen Raum. Karin Petra Freiling engagiert sich seit ihrer Hugend im Tierschutz und nimmt regelmäßig ängstliche oder aggressive Tierschutzhunde bei sich auf, um ihnen zu einem guten Start in ein neues Leben zu verhelfen. In ihrem Buch „Enspannungstraining für Hunde“ (Cadmos Verlag), gibt sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiter.

 

 

 

 

 

 

Teile diesen Beitrag