doggi-golf. Ein neuer Hundesport ist erfunden!

Leseprobe aus der SPF 37 ####

Von Steffi Rumpf

Wenn ich an meine Anfangs-Hundezeit um 1995 zurückdenke, gab es nach der Grunderziehung nicht viel, was man hobbymäßig mit Hunden machen konnte außer Gassigehen, vielleicht noch Schutzdienst oder Fährte. Agility steckte gerade in den Kinderschuhen. Heutzutage gibt es dagegen ein sehr breites Spektrum an Beschäftigungsmöglichkeiten, vom allseits bekannten Agility über Dogdance, Obedience, Mantrailen, Hoopers, Cavaletti, Longieren, Treibball, Tricktraining, Cani-Cross bis hin zum Frisbee und vielem mehr. Ab sofort ist noch eine weitere Beschäftigung hinzugekommen: das doggi-golf.

Mein Mann Thorsten und ich haben in unserer Hundeschule doggi-fun im Rhein-Main-Gebiet das doggi-golf im weitesten Sinne aus dem Treibball hergeleitet und entwickelt. Wir bieten in unserem Treibballtraining seit jeher auch vom Reglement abweichende Treibaufgaben an, sei es, Bälle über Hindernisse oder um Hindernisse herum, eiförmige Bälle, Physiorollen oder eben auch unterschiedlich große Bälle zu treiben.

Daneben spielen wir als Familie sehr gern (wenn auch nicht allzu oft) Minigolf, und bei einem der Trainings, bei denen die Hunde den Ball über verschiedene Hindernisse schieben sollten, kam mir die Idee, das klassische Minigolf für Menschen doch einmal auf Hunde zu übertragen. So fing ich an, mit unseren eigenen Hunden zu experimentieren und schließlich auch erste Prototypen von Bahnen zu bauen. Zunächst dachte ich, es würde reichen, seitliche Begrenzungen auf den normalen Hundeplatzboden zu installieren, um die Hunde die kleineren Bälle in eine bestimmte Richtung treiben zu lassen. Das Problem des fehlenden Lochs hat es jedoch notwendig gemacht, erhöhte Bahnen zu nutzen, um nicht jedes Mal Löcher graben zu müssen.

Dann begannen wir, das Golfen in unserer Treibballgruppe und mit befreundeten Hundeführern sowie mit unterschiedlichen Hunden zu testen. Wie baut man das Training am besten auf? Welche Hilfen brauchen die Hunde? Eignet es sich wirklich für alle Hunde?

Seit Juli 2019 ist doggi-golf jetzt am Start. Erste Seminare und Workshops werden in Kürze folgen, es gibt bereits Anfragen für 2020. Aber was ist doggi-golf denn eigentlich genau, und wofür haben wir nun noch eine weitere, neue Hundesportart „gebraucht“?

Die Spielregeln

doggi-golf soll in erster Linie Spaß machen. Und zwar allen. Für doggi-golf muss weder der Hundeführer noch der Hund extrem schnell oder sportlich sein, auch wenn das natürlich auch kein Ausschlusskriterium ist. Das Golfen eignet sich für Hunde jeden Alters, jeden Temperaments und jeder Größe. Junge Hunde können die Aufgaben (nach entsprechendem Training) ebenso bewältigen wie ältere Hunde oder sogar Hunde mit Handicap (abhängig davon, um welche Behinderung es sich handelt). Selbst Hunde, die sich aufgrund einer Verletzung, überstandenen OP etc. aktuell nur eingeschränkt bewegen sollen, können, nach Absprache mit dem Tierarzt, doggi-golf zur Beschäftigung und Kopfarbeit betreiben.

Es wird auf verschiedenen Bahnen gespielt, die vom Schwierigkeitsgrad her unterschiedlich sind, wobei jedes Team andere Aufgaben als schwierig ansieht als ein anderes. Das Empfinden dafür ist sehr individuell und auch von den Begabungen des jeweiligen Mensch-Hund-Teams abhängig.

Wie beim menschlichen Minigolf kann man für sich allein (in unserem Fall „allein“ nur mit seinem Hund), im Team oder mit mehreren Teams gegen- bzw. miteinander spielen.

Die Aufgabe besteht darin, einen Ball im Durchmesser von 8–10 cm in ein Loch von ca. 12–16 cm Durchmesser auf der doggi-golf-Bahn zu treiben. Das Loch befindet sich in der Regel am Ende der Bahn, es kann aber im Einzelfall auch in der Mitte einer Bahn liegen oder auf einer Erhöhung. Zum Bewegen des Balls sollte möglichst die Hundenase eingesetzt werden; der Einsatz der Pfoten ist nicht verboten, erschwert jedoch das Lenken des Balls.

Nicht erlaubt ist jegliches Aufnehmen des Balls mit dem Maul oder auch generell das „In-den-Ball-Beißen“ oder der übermäßige (also dauerhafte) Einsatz der Zähne zum Treiben. Sollte ein Hund dies zeigen, muss er auf der betreffenden Bahn erneut starten (und das Training sollte noch einmal neu in Ruhe aufgebaut werden).

Das Spiel geht auf Zeit, da man nicht wie beim Minigolf die einzelnen Schläge, bzw. Nasenberührungen beim doggi-golf, klar unterscheiden kann. Pro Bahn wird eine unterschiedlich lange Maximalzeit vorgegeben. Ist diese erreicht und der Ball nicht im Ziel (also im Loch), geht man zur nächsten Bahn weiter und notiert die Höchstzeit.

„Gewinner“ der Runde ist somit derjenige, der die wenigste Zeit für alle Bahnen benötigt hat. Natürlich kann man auch ohne Zeitnahme für sich und nur zum Spaß spielen. Das ist gerade am Anfang sinnvoll, um dem Hund die verschiedenen Bahnen erklären zu können. Der Hundeführer hilft seinem Hund (wenn die Lernphase vorbei ist) lediglich durch die eigene Position und eventuell stimmliche Signale oder Zeigen mit den Händen von außerhalb. Er selbst darf die Bahnen nicht betreten und weder den Ball noch den Hund anfassen, schieben oder anderweitig körperlich beeinflussen.

Da sich die Ziellöcher in den Bahnen nicht immer an derselben Stelle befinden, besteht eine der Herausforderungen darin, dem Hund zu erklären, wohin er treiben soll, und ihn im weiteren Training so zu schulen, dass er das Zielloch möglichst selbst sucht und erkennt, auch wenn er eventuell beim ersten Versuch am Loch vorbeigetrieben hat und dadurch den Ball wieder aus der „falschen“ in die „richtige“ Richtung bringen muss. Das Loch ist zur besseren Erkennung mit einem Fähnchen markiert.

Durch Etablierung von Richtungssignalen kann ich als Hundeführer dem Hund zusätzlich helfen. Ob ein Hund sich leichter tut, generell auf den Hundeführer zuzutreiben oder eher neben dem Hundeführer in dieselbe Richtung, kommt sehr auf die jeweilige Ausbildung, aber auch auf die Vorlieben des Teams an.

Treibt der Hund den Ball über die Umrandung der Bahn hinaus, muss erneut am Anfang der Bahn begonnen werden.

Ist der Ball eingelocht, ist dies vom Hund zusätzlich anzuzeigen in Form einer ruhigen Position (Sitz/Platz/Steh), möglichst mit Nase am Ball. So ist dem Hund auch das Ende der jeweiligen Übung gut zu erklären.

 

Das Golfen lernen

Ruhige Hunde lernen anfangs durch leicht gestaltete Bahnen und viele Erfolgserlebnisse, mit Begeisterung bei der Sache zu sein. Hier hilft ein entsprechender Trainingsaufbau dabei, langfristig zusätzlich Tempo zu etablieren. Hektische Hunde müssen sich dagegen beherrschen und lernen, sich zu konzentrieren. Für sie ist es vor allem wichtig, mit dem Hundeführer zusammenzuarbeiten. Keinesfalls darf der Hund beim Anblick der Bahnen einfach sein Programm abspielen, sondern er soll immer erst nach Freigabe durch den Besitzer beginnen und sich auch während des Treibens jederzeit durch Zuruf stoppen und gegebenenfalls neu ausrichten lassen.

Ein Hund, der sofort auf ein Signal hin stoppt, kann durch geschicktes Führen wesentlich schneller ans Ziel kommen als ein Hund, der zwar sehr schnell treibt, aber dadurch auch schnell am Loch vorbeiarbeitet. Somit haben auch gemächliche Hunde eine sehr gute Chance auf kurze Rundenzeiten. Obwohl es sich um ein Spiel auf Zeit handelt, können also langsame, konzentriert arbeitende Hunde einen Vorteil vor Hunden erarbeiten, die zu hektisch sind und sich in den Bahnen verzetteln.

In unserer Testgruppe waren ein Berner Sennenhund, zwei Border Collies, ein Zwergspitz, ein Herdenschutzhund-Mix, ein Terrier-Mix, mein Mittelpudel und meine Rauhaardackeldame. Alle Hunde haben Spaß am Golfen gefunden und es sich – teilweise über verschiedene Lernwege – recht schnell angeeignet. Der Feinschliff erfolgt dann erst beim regelmäßigen Üben.

Das Golfen macht sehr müde, da der Hund eng mit seinem Hundeführer kooperieren muss und jederzeit ansprechbar sein sollte. Es erfordert viel Kopfarbeit und Konzentration, gleichzeitig den Ball direkt vor der Nase zu kontrollieren und die Bahn als Ganzes ebenso im Blick zu haben. Somit ist doggi-golf abwechslungsreicher und auch anspruchsvoller, als es vielleicht wirkt.

Der Aufbau der neuen Hundesportart besteht darin, dem Hund zunächst zu erklären, dass der Golfball keinesfalls mit den Zähnen berührt wird, sondern möglichst mit der Nase geschoben werden soll. Das Anschubsen kann man idealerweise mit dem Clicker trainieren. Beherrscht ein Hund bereits das Signal „Touch“, kann man darauf gut weiter aufbauen. Kennt ein Hund das Treiben aus dem regulären Treibball mit Gymnastikbällen, ist hier lediglich noch etwas Feinarbeit gefragt. Für das doggi-golf benötigen wir ein leichteres und genaueres Schieben und Lenken als für das freie Treiben der großen Bälle auf dem Platz auf den Hundeführer zu. Der Hund muss außerdem verstehen, dass er auch diese kleinen Bälle nicht ins Maul nehmen und sie stattdessen mit der Nase bewegen soll.

Hat der Hund eine Idee vom Ballschieben, ist das nächste Ziel, dass er versteht, den Ball möglichst immer in das Loch zu schieben. Somit bauen wir die Aufgabe „Treiben auf einer Bahn“ rückwärts auf, indem wir anfangs direkt vor dem Loch starten und das „Einlochen“ sehr hoch belohnen. Dadurch wird der Hund animiert, dieses Erfolgserlebnis wiederholen zu wollen. Von Anfang an sollte der Hund lernen, dass, sobald der Ball im Loch ist, auch die Zielposition mit Nase am Ball eingenommen wird, um dies anzuzeigen. Nach und nach erhöht man den Abstand zum Loch und baut schließlich Ecken zum Abbiegen nach rechts und links und Hindernisse mit ein.

Was wird gebraucht?

Zu Beginn benötigt man noch keine ganzen, sehr langen Bahnen. (Die Bahnen, die wir für doggi-golf zunächst als Prototypen entworfen haben, sollen in Kürze auch über uns erworben werden können. Derzeit sind wir mit verschiedenen Firmen im Gespräch.)

Die Bahnen sind so gestaltet, dass sie nicht dauerhaft auf einem Platz stationiert werden, sondern tragbar und flexibel zusammensetzbar sind. Die doggi-golf-Bahnen werden also, ähnlich wie auch andere Hundesportgeräte, bei Bedarf auf- und abbaubar sein und somit nicht zu viel Trainingsgelände dauerhaft blockieren.

Der zum Golfen genutzte Ball sollte eine Größe von 8–10 cm im Durchmesser weder unter- noch überschreiten. Eigene Bälle dürfen, müssen aber nicht zur Partie mitgebracht werden. Manche Hunde mögen es nicht so gern, unbekannte Bälle oder Bälle zu arbeiten, die andere Hunde bereits mit der Nase geschoben haben. Die Bälle sollten weich (Schaumstoff/Gummi) und mit einer möglichst ebenen Oberfläche versehen sein.

Als Startpunkt ist auf jeder Bahn eine Linie markiert, entlang der der Ball zum Beginn platziert wird. Ein Ring, in den der Ball zu Beginn gelegt wird, um ein Wegrollen zu verhindern, ist erlaubt, aber kein Muss.

 

Die Vorteile des doggi-golfs

Das doggi-golf enthält Trainingselemente wie Treiben, Lenken, Stoppen und Distanzkontrolle, übt die Impulskontrolle und kann entweder als alleinige Beschäftigung oder als Abwechslung und Ausgleich zu anderen Hundesportarten betrieben werden. Die teilnehmenden Hunde sollten grundsätzlich über einen guten Grundgehorsam verfügen, da (zumindest im Endergebnis) ohne Leine gespielt wird. Nichtsdestotrotz ist es gerade am Anfang möglich, Hunde an einer relativ langen Leine zu halten, auch während der Arbeit auf der Bahn, sofern sich ein Hund schnell ablenken lässt oder nicht mit allen anderen Hunden und Menschen kompatibel ist. Hier ist Rücksichtnahme durch die Mitspieler gefragt. Selbstverständlich darf nicht durch die Leine Einfluss auf den Hund während des Treibens genommen werden.

Weitere Voraussetzungen gibt es nicht.

Weil die Bälle klein sind, kann es für einige Hunde, besonders für sogenannte Balljunkies, sehr schwer sein, diese nicht doch ins Maul zu nehmen. Für Hunde, die sich vor den großen Gymnastikbällen fürchten, ist es wiederum ein Vorteil, dass die Bälle so klein sind.

Da beim Schieben des kleinen Balls im Idealfall der Kopf des Hundes relativ gerade und tief gehalten wird und der Sport keinerlei Sprünge enthält, handelt es sich zusätzlich zum Spaß auch noch um eine gesunde Beschäftigung für alle Hunde, bei der die Rückenmuskulatur im Gegensatz zu der klassischen Fußgeh-Haltung gestreckt wird. doggi-golf ist also auch ein idealer Ausgleichssport für Hunde, die viel Fußarbeit machen.

Weil es sich beim doggi-golf um keine Turnierdisziplin handelt, gibt es keinen übertriebenen Ehrgeiz. Leistungsdruck ist fehl am Platz, weshalb unangepasstes Verhalten dem Partner Hund oder den Mitspielern gegenüber zum Ausschluss aus der Partie führt. Gerade wenn man im Team mit anderen Hundefreunden spielt, entsteht schnell eine lockere Atmosphäre und viel Spaß, bei dem sich die Teilnehmer gegenseitig angefeuern. Durch die idealerweise familiäre Situation während des Spiels sollten sowohl die Hunde als auch die Menschen eine angenehme und positive Zeit miteinander verbringen können. Auch Kinder sind schnell für das Spiel zu begeistern, gerade mit Hunden, die in dem Spiel selbst schon ausgebildet sind.

Die Hunde lernen, dass sie nicht immer dran sind, sondern abwarten müssen, bis ein anderer Hund die Bahn abgearbeitet hat. Sie sollten es problemlos erdulden, dass andere Hunde die Bälle treiben. Dabei ist absolut nicht vorgesehen, dass Hunde, die gerade nicht dran sind, aus dem Geschehen gebracht werden. Im Gegenteil, währenddessen kann aktiv daran trainiert werden, neben den Bahnen entspannt zu warten, wie das auch bei einer regulären menschlichen Minigolfpartie der Fall bei den Mitspielern ist.

Insgesamt ist doggi-golf eine tolle neue Beschäftigungsmöglichkeit für Hunde und ihre Menschen. Es eignet sich für Hundebesitzer, die einfach eine gute Zeit mit ihren Vierbeinern und mit Gleichgesinnten erleben wollen und vor dem teilweise vorhandenen Leistungsgedanken in anderen Hundesportarten zurückschrecken, genauso wie für Hundesportler aus allen Sparten, die offen für Neues sind.

Für doggi-golf benötigt man keine Begleithundeprüfung oder Vereinsbindung, dennoch eignet es sich hervorragend als Event für Trainingsgruppen oder Vereine, ebenso wie als Nachmittagsausflug für Freunde mit Hund oder auch als Ergänzung zur Gassitour für einen einzelnen Hundeführer.

Wir freuen uns darauf, wenn doggi-golf in Zukunft seinen Weg zu allen hundebegeisterten Minigolffreunden finden wird!

 

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Steffi und Thorsten Rumpf…

… betreiben seit 2005 die Hundeschule „doggi-fun“ im Rhein-Main-Gebiet und geben Seminare in ganz Deutschland und den angrenzenden Nachbarländern. Neben Grunderziehungsgruppen bieten sie diverse Beschäftigungsmöglichkeiten und exklusiv das neue doggi-golf an. Außerdem trainieren sie Mensch-Hund-Teams, deren Vierbeiner unangepasstes Verhalten zeigen, veranstalten Hundespaziergänge und bereiten Hunde auf den Wesenstest vor. In ihrem Training geht es immer um den gemeinsamen Spaß, wobei Hunden und Besitzer der teilweise selbst gemachte Stress genommen wird.

Steffi Rumpf ist außerdem Autorin diverser Fachartikel sowie der Bücher „Cavaletti-Training für Hunde“, „Pudel“ (gemeinsam mit Karin Pohl) und „Entspannt leben mit Hund“, alle erschienen im Cadmos-Verlag.

Weitere Infos: www.doggi-fun.de

 

 

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