English Cocker Spaniel – Rasseportrait

shutterstock_123644992Niemand kann genau sagen, wo der wahre Ursprung des Cocker Spaniels und der anderen Spanielrassen liegt. Es gibt mehrere Theorien, die auf unterschiedlichen Interpretationen des Wortes
„Spaniel“ basieren. So sollen Spaniels schon zur Zeit der römischen Invasion Cäsars (55–54 v. Chr.) mit den Römern nach Großbritannien gekommen sein. Römische Soldaten hätten die Hunde aus Spanien mitgebracht und über Gallien, das heutige Frankreich, bis auf die Britischen Inseln verbreitet. Der (vulgär-)lateinische Begriff „Canis Hispaniolus“ (Spanischer Hund) habe sich mit der Zeit zu dem Wort „Spaniel“ gewandelt.

Herkunft und Geschichte
Nach einer anderen Theorie kamen die Spaniels im Gefolge der normannischen Eroberer unter William the Conqueror im 11. Jahrhundert aus Frankreich nach England. Dort wurden damals schon kleine bis mittelgroße Jagdhunde mit langen Schlappohren gezüchtet, für die die Bezeichnung „Espaignol“ üblich war, was auf Altfranzösisch „spanisch“ bedeutet. Also auch hier wieder ein Hinweis auf die iberischen Wurzeln dieser Hunde. Allerdings gibt es heute weder in Spanien noch im benachbarten Portugal spanielähnliche Hunde, wohingegen andere Formen von Jagdhunden (Podencos, Laufhunde, Vorstehhunde und Apportierhunde) auf der Iberischen Halbinsel in verschiedenen Rassen und Schlägen seit Jahrhunderten vorkommen. Da sich auch  nirgends ein Hinweis auf die frühere Existenz von kleinen, langhaarigen, schlappohrigen Jagdhunden in Spanien finden lässt, ist anzunehmen, dass deren vermeintliche spanische Herkunft auf zufällig ähnlich klingenden Bezeichnungen beruht.
Der französische Adelige Gaston Phoebus (1331–1391) beschreibt in seinem „Livre de Chasse“ (Buch der Jagd), das er in den Jahren 1387–1389 verfasste, einen hängeohrigen Hund von kleiner Statur, der dem Jäger verschiedenes Niederwild aufspürt und es aufscheucht, sodass es vom Beizvogel geschlagen werden kann. Auch für die Jagd mit dem Netz wurden diese Hunde verwendet. Hierbei zeigten sie dem Waidmann durch plötzliches Niederlegen oder Setzen, dass sich unmittelbar vor ihnen Wild befand. Dieses wurde dann gefangen, indem Helfer ein großes Netz vor dem liegenden Hund über die vermutete Beute warfen. Der damalige Name dieser Hunderasse, „Espaignol“, muss nicht auf Spanien hinweisen, sondern könnte viel wahrscheinlicher von dem Wort „s’espaignir“ hergeleitet sein, was in der altfranzösischen Sprache „sich niederlegen“ bedeutet.

Heute kennt man in Frankreich unter der Bezeichnung „Epagneul“ mindestens sechs Jagdhunderassen, die in ihrer äußeren Erscheinung den britischen Spaniels ähneln. Ob die Vorfahren der Spaniels schon im 11. Jahrhundert oder später von Frankreich nach Großbritannien gelangten, kann niemand genau sagen. Die ersten Hinweise auf die Existenz dieser Hunde auf der Insel finden sich in Geschichten des englischen Dichters und Schriftstellers Geoffrey Chaucer (1342–1400), und auch in Geschichten von William Shakespeare (1564–1616) werden Spaniels erwähnt.
Der englische Naturwissenschaftler Dr. Johannes Caiusm (John Kays) verfasste um 1570 sein kynologisches Werk „De Canibus Britannicis“, in dem er die damals bekannten britischen Hunderassen klassifizierte. Er teilte die zu dieser Zeit bereits weitverbreiteten Spaniels nach ihren Einsatzgebieten in Wasser- und Landspaniels ein und beschrieb sie als vorzügliche Jagdhunde für alle Arten von Wildgeflügel. Bei den Letzteren unterschied man die vorstehhundeartigen Setting Spaniels, aus denen später die Setter hervorgingen, und die Springing Spaniels, die Hühnervögel, Enten und Schnepfen für die Beizvögel aufscheuchten und Hasen und Kaninchen für die Greyhounds aus ihrer Deckung jagten.
Ab dem 17. Jahrhundert begann man die Springing Spaniels gezielter zu züchten und legte auch immer mehr Wert auf deren sorgfältige Ausbildung zum vielseitigen, gehorsamen Jagdhelfer. Die einzelnen Spanielrassen wurden allerdings nicht getrennt voneinander gezüchtet. Es kam durchaus vor, dass in einem Wurf die größeren Welpen als Springer Spaniels, die mittleren als Sussex oder Field Spaniels und die kleineren als Cocker Spaniels bezeichnet wurden. Erst 1892 wurde der English Cocker Spaniel vom English Kennel Club als eigenständige Rasse anerkannt.

 

shutterstock_201697268Der English Cocker Spaniel als Jagdhund

Der Name „Cocker Spaniel“ kommt aus dem englischen „woodcock“ (Waldschnepfe). Schnepfen sind durch ihr schwarz-braun gemustertes Federkleid sehr gut getarnt und kaum zu entdecken, wenn sie sich auf den Boden zwischen die Vegetation drücken. Nur die feine Nase eines Hundes vermag sie auszumachen, und gerade die kleineren Exemplare unter den Spaniels galten in England als wahre Spezialisten für die Jagd auf dieses Wild, was ihnen den Namen „Cocker Spaniels“ einbrachte. Cocker Spaniels sind Stöberhunde, ihre bevorzugte Jagdweise ist das Buschieren. Bei dieser Jagdart bewegt sich der Hund auf der Suche nach Wildwitterung in kleinen Kreisen, Bögen, Schlangenlinien oder im Zickzack vor dem Jäger in unübersichtlichem Gelände. Er entfernt sich dabei kaum weiter als 25 Meter vom Hundeführer, sodass dieser mit der Schrotflinte zum Schuss kommt, wenn der Spaniel Wild aufscheucht. Sein ausgeprägter Finderwille treibt den Cocker Spaniel auch in dorniges Gestrüpp, sumpfiges Gelände und Schilf, wo er Enten zum Auffliegen bringt. Dank seiner rassetypisch engen Bindung zum Hundeführer und seiner Leichtführigkeit bleibt er, entsprechende Ausbildung zum Gehorsam vorausgesetzt, während der Jagd gut kontrollierbar und lässt sich mit leisen Kommandos und Handzeichen dirigieren. Nach dem Schuss zeigt sich der Cocker als zuverlässiger Apportierhund.
Sein kompakter, athletischer Körperbau befähigt ihn, Enten auch aus schwierigen Gewässern sicher zu bringen, und selbst ausgewachsene Hasen kann er apportieren, wenn die Distanz nicht allzu groß ist und das Gelände es zulässt. Entsprechend trainiert, zeigt der Spaniel auch durchaus ordentliche Leistungen auf der Schweißfährte, was immer wieder in Verbandsschweißprüfungen auf der 20- und 40-Stunden-Fährte bewiesen wird.

In Deutschland betreuen zwei Vereine den English Cocker Spaniel. Dies sind der Jagdspaniel-Klub e. V. und der Verein Jagdgebrauchsspaniel e. V. Während die Cocker Spaniels in Großbritannien und Nordamerika bei der Arbeit stumm sind, erwartet der deutsche Jäger von seinem Stöberhund, dass er alle Spuren mit lockerem Hals arbeitet, das heißt, der Hund gibt Laut, wenn er frische Wildwitterung verfolgt. Spaniels haben bei der Stöberjagd in unseren kleinen, von Straßen durchzogenen Revieren den Vorteil, dass sie, im Gegensatz zu Bracken, als sogenannte Kurzjager die Spuren und Fährten von Wild nur kurz verfolgen und dann wieder in die Nähe des Hundeführers zurückkehren, um dort weiterzujagen. An seine Grenzen kommt der Cocker Spaniel bei der Winterjagd in tief verschneiten Revieren. Ungeeignet ist er für Drückjagden auf Schwarzwild und andere Formen der Jagd, bei der ausgeprägte Wildschärfe erforderlich ist. Um seine Stärken zu entwickeln, wie die enge Verbindung mit dem Hundeführer und die leichte Ausbildbarkeit, benötigt der anhängliche Spaniel unbedingt Familienanschluss und darf keinesfalls im Zwinger vom Leben seiner Bezugspersonen ausgegrenzt werden.

 

Der English Cocker Spaniel als Ausstellungshund
Mit der Anerkennung des English Cocker Spaniels 1892 und der Ausarbeitung eines Standards begann die Karriere dieser Rasse als beliebter Ausstellungshund.1902 gründeten Liebhaber der Rasse „The Cocker Spaniel Club“ als zuchtbuchführenden Verein für Großbritannien, und schon fünf Jahre später gab es auch in Deutschland einen Spanielverein. Wurden früher die verschiedenen Spaniels hauptsächlich im Hinblick auf ihre Gebrauchsfähigkeit als Jagdhunde gezüchtet und auch untereinander gekreuzt, begann nun die Reinzucht des English Cocker Spaniels. Um schnell einen möglichst einheitlichen, dem Standard entsprechenden Typ zu erhalten und diesen in der Rasse zu verfestigen, machten die frühen Züchter, wie bei vielen anderen Rassen, häufig von Inzucht und Linienzucht Gebrauch. So entstand mit der Zeit der moderne Show Cocker, der sich in einigen Punkten von den für die Jagd gezüchteten Hunden derselben Rasse unterscheidet. Cocker Spaniels aus jagdlicher Zucht sind, verglichen mit den Ausstellungshunden, in der Regel leichter gebaut, die Ohren (in der Jägersprache Behänge) sind deutlich kürzer, und das Fell ist nicht so lang, sodass man bei einer Gegenüberstellung beider Zuchtrichtungen meinen könnte, zwei verschiedene Spanielrassen vor sich zu haben.

In Deutschland sind die Unterschiede zwischen Jagd- und Show-Spaniels (noch) nicht ganz so ausgeprägt wie in Großbritannien und Nordamerika. Im Showring zählen andere Kriterien als in Feld und Wald; wer dem Standard möglichst nahekommt, gilt hier als besonders wertvolles Tier für die Weiterzucht. Und wie bei anderen ehemaligen Arbeitshunderassen führte auch beim Cocker Spaniel eine Zucht, die sich vornehmlich an standardgemäßem Aussehen orientiert, zur übertriebenen Ausprägung gewisser rassetypischer Merkmale. Die oft überlangen, üppig behaarten
Schlappohren und das lange, bei Vernachlässigung zur Verfilzung neigende Fell bedürfen sorgfältiger Pflege.

shutterstock_173960885Der English Cocker Spaniel in der Familie
Weitaus die meisten Vertreter dieser Rasse werden heute nicht als Jagdhunde, sondern als Begleithunde gehalten. Das in vielen Farben und Farbkombinationen vorkommende seidige Fell, die großen, ausdrucksvollen dunklen Augen mit dem charakteristischen „Cockerblick“ und nicht zuletzt die handliche Größe machen Cocker Spaniels zu attraktiven Familienhunden. Lebhaft, freundlich, anhänglich und verspielt sind die Attribute, die mit dieser Rasse häufig in Verbindung gebracht werden. Dabei sollte man jedoch nie vergessen, dass die Vorfahren des Cockers Jagdhunde waren. Auch nach Generationen nicht jagdlicher Zucht zeigen viele Spaniels großes Interesse an Wildspuren aller Art. Deshalb ist eine sorgfältige Erziehung schon vom Welpenalter an unbedingt zu empfehlen, damit der Hund auch ohne Leine seine Menschen begleiten darf. Auch wenn man einigen Cocker Spaniels einen gewissen Sturkopf nachsagt, gilt die Rasse doch im Großen und Ganzen als relativ leicht zu einem gehorsamen Begleiter zu erziehen.
Viel Bewegung bei jedem Wetter hält den Cocker Spaniel fit bis ins hohe Alter, vorausgesetzt, der Hundehalter achtet bei der Fütterung strikt darauf, seinen Hund schlank und sportlich zu erhalten. Der kleine Brite ist nämlich meist ziemlich verfressen und kennt bei der Nahrungsaufnahme keine Bremse! Gibt man dem ständig schmachtenden Blick zu oft nach, wird der kleine Athlet schnell zur übergewichtigen Karikatur seiner selbst. Die Folgen für den betroffenen Hund sind Einbußen in seiner Lebensqualität und verkürzte Lebenserwartung.Cocker Spaniels lassen sich für fast jeden Hundesport begeistern, ihre vorzügliche Nase befähigt sie für Suchaufgaben wie Mantrailing, Zielobjektsuche und Fährtenarbeit.

Krankheiten
Wie viele andere Hunderassen ist auch der English Cocker Spaniel nicht von rassetypischen Krankheiten verschont geblieben. Neben verschiedenen Hautallergien scheinen in einigen Linien Dispositionen für Tumoren im Lefzenbereich vorzukommen. Das Kongenitale Vestibularsyndrom, eine nicht therapierbare, erbliche Veränderung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr, verursacht Gleichgewichtsstörungen und einseitige oder beidseitige Taubheit. Diese Krankheit wurde bei English Cocker Spaniels öfter diagnostiziert als bei den meisten anderen Rassen. Auch für Probleme mit den Augen (Katarakte) scheinen einige Linien der Cockers häufiger anfällig zu sein als der Durchschnitt der Rassehunde.
Die langen, herabhängenden Schlappohren verhindern eine ausreichende Belüftung des Gehörgangs. Das feuchtwarme Milieu begünstigt Ohrenentzündungen, die oft durch Hefepilze (Malassezien) oder Milben ausgelöst werden. Regelmäßige Kontrolle, gegebenenfalls schonende Entfernung von überschüssigem Ohrenschmalz und Haaren beugen Entzündungen vor. Die früher in einigen Linien von einfarbig roten, und seltener schwarzen Cocker Spaniels aufgetretene Cockerwut ist durch verantwortungsvolle Zucht so gut wie ausgestorben. Befallene Tiere zeigten in verschiedenen Situationen unangemessen aggressives Verhalten gegenüber Menschen und Artgenossen mit massivem Beschädigungsbeißen.

Die erwähnten rassetypischen Dispositionen für verschiedene Krankheiten betreffen natürlich nur einen kleinen Teil der Rasse English Cocker Spaniel. Die meisten Cockers sind verhältnismäßig robust und erreichen bei guter Pflege ein hohes Alter.

Autor: Gerd Leder / Leseporbe aus der SitzPlatzFuss 09 / Fotos: Shutterstock

 

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english_cocker_spaniel_titelEnglish Cocker Spaniel

Charakter, Erziehung, Gesundheit

Karin Gerhard-Beyersdorf
ISBN 978-3-8404-2808-1

Details

Was zeichnet diesen Hund mit den langen Schlappohren und dem liebenswürdigen Blick aus? Welche Anforderungen hat der Cocker Spaniel an sein Zuhause, seine Pflege und seinen Besitzer? Dieses Buch bietet Antworten auf alle Fragen rund um den English Cocker Spaniel.

Aus dem Inhalt
• Geschichte
• Ansprüche an den Halter
• Welcher Welpe passt zu mir?
• Gut durchs erste Jahr – Haltung und Erziehung
• So klappt’s mit Kind und Hund
• Gesundheit und Pflege

Die Autorin
Karin Gerhard-Beyersdorf lebt mit ihrem Mann in Mittelfranken und züchtet seit 1988 English Cocker Spaniels. Die Autorin hält Vorträge sowie Seminare zu diversen Themen rund um Zucht, Erziehung und Pflege des Cockers und ist seit 2005 Spezialzuchtrichterin für alle neun Spaniel-Rassen.

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