Das Praktikum in der Hundeschule

Von Sabine Winkler

+++LESEPROBE aus der SPF 33+++

 

Es gibt verschiedene Gründe für ein Praktikum in einer Hundeschule. Gelegentlich fragt jemand, ob er mal ein paar Tage „reinschnuppern“ darf, um sich darüber klar zu werden, ob der Job des Hundetrainers das Richtige für ihn wäre. Hin und wieder habe ich auch Schülerpraktikanten, die sich im Rahmen eines Schulprojekts zur Berufsfindung um ein Praktikum in der Hundeschule bewerben. Die allermeisten Praktikanten im Bereich Hundeschule wollen aber selbst Hundetrainer werden und etwas darüber lernen. Zu mir kommen die Praktikanten überwiegend im Rahmen des Lehrgangs zum „Hundeerzieher und -verhaltensberater IHK“ (siehe Kasten). Sie machen dann ein angeleitetes Praktikum bei bestimmten dafür zugelassenen Betrieben. Stundenzahl und Lehrinhalte sind geregelt und werden mittels Tätigkeitskatalog, Unterschriften und Berichtsheften nachgewiesen.

 

 

Schülerpraktika und Praktika zur Berufsfindung

Will jemand in der Hundeschule ein Praktikum machen, um sich über den Job zu informieren, ist die Dauer des Praktikums meist auf wenige Tage begrenzt und der Aufwand für den Trainer relativ gering. Es reicht, wenn der Praktikant „mitlaufen“ kann und Fragen stellen darf. Zudem sollte etwas Zeit für ein Gespräch über den „Beruf“ sein, bei dem teils Illusionen ausgeräumt werden müssen.

Schülerpraktikanten denken meistens noch nicht ganz so weit voraus und betrachten das Praktikum in dem ungewöhnlichen Feld eher als kleines Abenteuer. Fragt ein Schüler an, muss aufgrund der ungewöhnlichen Arbeitszeiten mit dem Lehrer und eventuell der Schulleitung abgeklärt werden, ob ein Praktikum möglich ist. Es stellt sich auch die Frage, wie der Praktikant zur Hundeschule oder zu den Trainingsorten kommt: Hundeplätze liegen selten so, dass sie ganz einfach mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind. (Bei erwachsenen Praktikanten ist aus denselben Gründen ein eigenes Auto beinahe ein Muss.)

Ist die Schule entgegenkommend und sind alle Fragen geklärt, bleibt zu hoffen, dass der Praktikant passende Kleidung hat. Gerade im Winterhalbjahr fehlt es manchen Jugendlichen, die ihre Freizeit sonst offenbar eher drinnen verbringen, an robuster Outdoor-Bekleidung. So sagte einmal eine 15-jährige Schülerin, als ich sie am Ende der Praktikumswoche fragte, was für sie das Bemerkenswerteste gewesen sei: „Ich habe furchtbar gefroren!“

 

 

Erst mal nur gucken …

Was kann ein Praktikant in der Hundeschule praktisch tun? Zunächst mal leider nicht sehr viel. Zum Rasenmähen oder anderen lästigen Arbeiten darf ihn der Inhaber der Hundeschule nicht heranziehen. Möchte der Praktikant von sich aus bei so was helfen, ist das eine rein private Sache und darf nicht auf die Praktikumszeit angerechnet werden.

Mithilfe im Unterricht ist selten erforderlich und bedarf meist auch schon einer gewissen Einarbeitung des Praktikanten. Ein Beispiel: Ich bitte Praktikanten gern, bei Übungen gegen das Anspringen von Fremden mitzuhelfen, weil die Hunde dann an neuen Personen üben können, was gut für die Generalisierung ist. Der Praktikant kann z. B. herumgehen und jedem Hundebesitzer die Hand geben, während der darauf achtet, dass sein Hund die fremde Person nicht anspringt oder belästigt. Ohne Absprache, was genau vom Praktikanten – und vom Kunden! – erwartet wird, läuft das spaßigerweise gewöhnlich so ab: Der Praktikant geht herum und gibt jedem flüchtig die Hand. Der Höflichkeitsreflex des Hundehalters sorgt dafür, dass dieser den Handschlag erwidert und mit dem Praktikanten ein paar Worte wechselt, während der Hund den Praktikanten anspringt. Der Übungseffekt ist gleich null. Der Trainer muss also genau erklären, wie er das haben will, und dazu vielleicht sogar die erste Runde mit dem Praktikanten mitgehen und Anweisungen geben.

Neben solchen kleinen „Trainer-Hilfsjobs“ bleibt dem Praktikanten eigentlich nur, die Wassernäpfe aufzufüllen, beim Aufbau von Geräten zu helfen und netterweise irgendetwas aus dem Auto zu holen, das der Trainer vergessen hat. Ansonsten besteht ein Praktikum erst mal hauptsächlich aus Rumstehen und Zugucken.

 

Praktika zum Erwerb von Kenntnissen

Im Folgenden geht es nun vor allem um die Praktika, durch die der Praktikant etwas über Hundetraining und das Betreiben einer Hundeschule lernen will. Das Hauptmerkmal dieser Praktika: Es gibt sie kaum! Ist die praktische Ausbildung Teil von irgendeinem Lehrgang, ist es für die Lehrgangsteilnehmer kein Problem, ein solches Praktikum zu bekommen. Es ist dann aber in der Regel auch nicht ganz billig und sehr zeitaufwendig, denn in vier Wochen lernt niemand den Job.

Ansonsten gibt es nur sehr wenige Hundetrainer, die Praktikanten für mehr als ein paar Tage „zum Zugucken“ nehmen. Das ist auch kein Wunder. Denn bloßes unkommentiertes Zugucken würde auf Dauer kaum etwas bringen. Erklärt und kommentiert der Trainer aber das Geschehen, beantwortet danach Fragen oder gibt den Praktikanten gar gezielt Aufgaben, an denen er lernen kann, ist das für den Trainer sehr zeitaufwendig. Man kann da gut und gern zu jeder Kursstunde auf dem Hundeplatz noch eine zweite Stunde für Vor- und Nachbesprechung oder Einarbeitung dazurechnen.

 

 

Richtig was lernen

Soll der Praktikant im Idealfall nach dem Praktikum in der Lage sein, eigenständig Unterricht zu geben oder seine eigene Hundeschule zu eröffnen, ist oft noch mehr gefragt. Er muss nach und nach Teile des Unterrichts übernehmen. Und je nachdem, was er an Vorerfahrungen und theoretischem Wissen im Hundebereich und an allgemeiner Lebenserfahrung mitbringt oder eben nicht mitbringt, muss er ggf. noch vieles üben, das nicht direkt mit Trainieren von Hunden zu tun hat. Dazu gehört z. B. Gruppen anzuleiten, vor fremden Menschen zu sprechen, Erklärungen so zu strukturieren, dass sie verständlich sind, usw., usf. Das ist eine ziemlich anspruchsvolle Lehrtätigkeit für den Inhaber der Hundeschule. Kein Wunder, wenn sich dem nicht jeder gewachsen fühlt oder nicht jeder Lust auf diese Zusatzaufgabe hat.

Dazu kommt: Es dauert gewöhnlich mindestens einige Monate, bis der Praktikant so weit ist, dass er eigenständig einen Kurs leiten kann. Bei Personen ohne größere Vorkenntnisse kann man sogar mit etwa einem Jahr „Einarbeitungszeit“ rechnen. Diesen Aufwand betreibt man gewöhnlich nur, wenn man dafür entsprechend bezahlt wird oder wenn man sich einen eigenen Mitarbeiter heranziehen möchte. Und nur wenige Hundeschulen sind so groß, dass sie Bedarf an fest angestellten Mitarbeitern haben.

Es gibt übrigens unseriöse Anbieter von Lehrgängen zum Hundetrainer, die ausschließlich theoretisches Wissen vermitteln und für die Praxis auf den freien Markt verweisen – und trotzdem versprechen, dass man nach dem Lehrgang so weit ist, sich selbstständig machen zu können. Die Absolventen solcher Lehrgänge gehen meist davon aus, dass es ganz einfach sein würde, nach der Theorie diverse Praktika in Hundeschulen zu machen – womöglich noch kostenlos. Es gibt dann ein böses Erwachen, wenn sie bemerken, dass dem nicht so ist.

 

„Ich zieh mir doch nicht die eigene Konkurrenz heran!“

Ein weiterer Grund, warum viele Trainer gar keine Praktikanten nehmen, ist, dass sie sich nicht in die Karten gucken lassen wollen und befürchten, sich die eigene Konkurrenz heranzuziehen, wenn sie ihr Wissen großzügig weitergeben. Bis zu einem gewissen Grad kann ich das nachvollziehen. Tatsächlich muss man als Trainer einen Moment mit sich ringen und einiges an Selbstsicherheit aufbringen, wenn ein Praktikant aus der unmittelbaren Umgebung anfragt. Ab ca. 20 Kilometer Entfernung zum eigenen Wohnort ist das Gefühl schon weniger stark, ab 50 Kilometer eigentlich kein Problem mehr.

Im Grunde ist übertriebene Sorge vor der Konkurrenz aber eher unbegründet. Selbst wenn jemand versuchen würde, das Konzept einer anderen Person zu 100 % zu übernehmen, würde doch etwas ganz anderes dabei herauskommen. Zu groß ist der Einfluss der eigenen Persönlichkeit. Und mit der Zeit entwickelt sich sowieso jeder wieder in eine etwas andere Richtung weiter und dadurch voneinander weg. Zudem gibt es viele Beispiele von dem Grundkonzept nach ähnlich arbeitenden Hundeschulen, die relativ nah beieinanderliegen und trotzdem problemlos koexistieren und manchmal sogar kooperieren. Jede entwickelt dann einen etwas anderen Schwerpunkt im Angebot.

Vor diesem Hintergrund schadet man sich oft eher selbst, wenn man sein Wissen geizig zurückhält, statt es mit anderen zu teilen. Denn dadurch schneidet man sich auch vom allgemeinen Wissensaustausch ab, was dazu führen kann, dass man sich nicht mehr weiterentwickelt und nach und nach den Anschluss verliert. Da Praktikanten sozusagen „Kollegen in spe“ sind und oft schon – eventuell auch negative – Erfahrungen mit anderen Hundeschulen oder Trainingsansätzen haben, gilt dies auch für den Austausch mit ihnen.

 

Wie stehen die Kunden zu Praktikanten in der Hundeschule?

Prinzipiell hebt die Anwesenheit von Praktikanten den Status des Hundeschulinhabers – er ist so gut, dass andere von ihm lernen wollen. Die meisten Kunden sind Praktikanten gegenüber offen und freundlich eingestellt, finden es ganz interessant, wenn Praktikanten dabei sind und gelegentlich auch mal Teile des Unterrichts übernehmen. Voraussetzung ist, dass nicht dauernd wechselnde Praktikanten den Unterreicht leiten und dass sie nicht als billige Hilfskräfte ausgenutzt werden, die den Trainer ersetzen. Vielmehr sollte der Trainer stets anwesend sein und dafür sorgen, dass die gewohnte Qualität des Unterrichts erhalten bleibt. Wichtig für alle Seiten ist auch, dass die Praktikanten jeweils vorgestellt werden. Und die Kunden möchten meist gern wissen, in welchem Rahmen das Praktikum stattfindet.

Nach vorheriger Absprache binde ich erfahrenere Praktikanten teils auch in Kurse mit ein, indem sie bei den Übungen herumgehen und Kunden helfen dürfen, wenn sie sicher sind, einen typischen Fehler – z. B. das dauernde Wiederholen eines Hörzeichens – beobachtet zu haben. Man sollte den Kunden das dann allerdings vorher mitteilen, damit keine Verwirrungen darüber entstehen, wer „weisungsberechtigt“ ist.

Während es meist kein Problem für die Kunden ist, wenn ein oder sogar mehrere Praktikanten bei Kursen anwesend sind oder mithelfen, sieht es bei Einzelstunden oder Problemberatungen, vor allem mit Hausbesuch, schon etwas anders aus. Es gehört sich, dass man den Kunden vorab fragt, ob man Praktikanten mitbringen darf. Bei bestimmten Problemlagen – der Hund hat z. B. Angst vor fremden Menschen – verbietet sich das Mitbringen weiterer Personen eher. Andererseits kann es aber auch hilfreich sein, wenn man als Trainer ggf. eine Hilfsperson dabeihat, um Übungssituationen zu stellen (z. B. wenn der Hund Besucher verbellt, an der Tür zu klingeln, oder bei Leinenaggression mit einem „Dummy-Hund“ vorbeizugehen oder etwas zu filmen).

Bei einzelnen Praktikanten sagen die allermeisten Einzelstunden- oder Problemberatungskunden ohne Zögern zu. Bei mehreren Praktikanten geben Hundebesitzer gelegentlich zu verstehen, dass sie das nicht so gern wollen, was man natürlich respektieren muss. Es ist ja auch verständlich, denn mit drei Praktikanten im Schlepptau hat man immer so eine Art Chefarztvisiten-Gefühl, und es ist schon sehr nett, wenn Kunden das zulassen. Sich als Praktikant am Ende zu bedanken, dass man dabeisein durfte, ist eine gute Idee und zeugt von guten Manieren.

Probleme mit Praktikanten aus Sicht des Hundeschul-Inhabers

Es gibt einige Dinge, die einem aus Trainersicht den Spaß an Praktikanten verderben können. Die meisten davon lassen sich durch klare Absprachen zu Beginn des Praktikums vermeiden oder indem man sie sofort deutlich, aber in fairer Art anspricht, sobald sie auftauchen und ehe sich Ärger darüber anstaut.

Ein völliges No-Go ist es natürlich, wenn der Praktikant den Kunden hinter dem Rücken des Trainers Tipps gibt, die der Methode des Trainers entgegenstehen, oder sogar versucht, den Kunden abzuwerben. Man kann es kaum glauben, aber das gibt es im Einzelfall tatsächlich: Der Praktikant gibt dem Kunden zu verstehen, dass er es besser kann als der Trainer, und bietet ihm eine Einzelstunde außerhalb der Hundeschule an. Kommt so etwas heraus, folgt verständlicherweise in aller Regel der sofortige Rauswurf.

Gelegentlich kommt es vor, dass der Praktikant Kunden Tipps gibt, die zwar prinzipiell im Sinne des Trainers sind, aber der Trainer dies trotzdem als Grenzüberschreitung betrachtet, weil er wollte, dass sich der Praktikant erst mal zurückhält und nur zuguckt. Nicht selten liegt das aber daran, dass der Trainer dies seinerseits nicht klar genug gemacht hat. Wenn ich Praktikanten auf so etwas anspreche, stellt sich oft heraus, dass sich der Kunde selbst an den Praktikanten gewandt und ihn etwas gefragt hat. Ist man als Trainer ein Kontrollfreak, kann man vom Praktikanten verlangen, den fragenden Kunden stets nur an den Trainer zu verweisen. Ich selbst habe kein Problem damit, wenn fortgeschrittene Praktikanten auch mal eine an sie gestellte Kundenfrage beantworten, bei der sie sicher sind, dies in meinem Sinne tun zu können. Sind sie nicht ganz sicher, sollen sie mich miteinbeziehen. Zugegeben, dies geht mit einem leichten Gefühl des Kontrollverlusts meinerseits einher, weil ich nicht in jedem Fall mitbekomme, was der Praktikant nun genau gesagt hat. Es setzt also voraus, dass der Praktikant sich schon etwas in meinem Betrieb auskennt und ich seinen Wissensstand für ausreichend halte. Gegebenfalls sollte der Praktikant dem Trainer auch hinterher berichten, worüber gesprochen wurde, etwa wenn der Kunde nach einem Problemverhalten seines Hundes gefragt hat, von dem der Trainer unter Umständen noch nichts weiß.

Ansonsten ist es wichtig, dass der Praktikant die Kunden nicht vom Unterricht ablenkt. Die Aufmerksamkeit von Kunden mitten im Unterricht zu binden, ist sowieso ein No-Go. Es kann aber z. B. sein, dass ein Praktikant in einer Unterrichtspause (etwa wenn die Hunde ein paar Minuten Freispiel haben) mit einem Kunden in ein intensiveres Gespräch kommt. Dies geht durchaus auch oft von den Kunden aus, die – wie oben erwähnt – dem Praktikanten manchmal fachliche Fragen stellen oder einfach neugierig auf seine Lebenssituation sind und ihn in ein privates Gespräch verwickeln. Oder Kunde und Praktikant stellen fest, dass sie dieselbe Rasse halten, und haben allein dadurch genug Gesprächsstoff. Ich fände es schade, das alles zu unterbinden. Jedoch ist es lästig, wenn Kunde und Praktikant so ins Gespräch vertieft sind, dass der Kunde nicht mitbekommt, dass der Unterreicht weitergeht. Es ist hier meiner Meinung nach Sache des Praktikanten, darauf zu achten, dass das nicht passiert, indem er ein Auge auf den Trainer hat und notfalls das Gespräch mit einem Kunden freundlich, aber bestimmt abbricht. Vielen Praktikanten fällt das sehr schwer, weil sie es als unhöflich und respektlos empfinden, wenn sie nicht mit der vollen Aufmerksamkeit beim Gesprächspartner sind und/oder ihrerseits ein Gespräch beenden. Da diese „Fähigkeiten“ später im Gruppenunterricht einer Hundeschule allerdings nun einmal gebraucht werden, kann der Praktikant sie hier schon mal üben.

Der Trainer (und Kunde) muss sich außerdem darauf verlassen können, dass der Praktikant private oder eventuell peinliche Begebenheiten, die er in der Hundeschule erlebt hat, nicht herumerzählt und keinerlei Kundendaten weitergibt. Wohnt er weit entfernt, macht es vielleicht nichts, wenn er später zu Hause erzählt, dass er bei Frau Meier mit Struppi mit zur Einzelstunde war und Frau Meiers Küche chaotisch aussah, da an seinem Heimatort sowieso niemand Frau Meier kennt. Am selben Wohnort geht das natürlich überhaupt gar nicht. Daher sollte der Praktikant seine Erlebnisse vorsichtshalber auf alle Fälle nur anonymisiert erzählen. Ansonsten gilt auch hier: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus: Es verbietet sich ebenso, dass der Trainer dem Praktikanten gegenüber in abfälligem Ton über Kunden redet oder sich über diese lustig macht.

Weitere „Nervereien“ aus Trainersicht sind Unpünktlichkeit oder Desinteresse an der Sache oder zigfaches Nachfragen: „Wann/Wo war der Kurs morgen noch mal?“, obwohl man das bereits besprochen hat.

 

Probleme mit Hundeschul-Inhabern aus Sicht des Praktikanten

Natürlich gibt es auch aus Praktikantensicht unerfreuliche Dinge, die einem den Spaß verderben können bzw. den Erfolg eines Praktikums infrage stellen. Wichtig ist vor allem, dass vorab klar abgesprochen ist, was das Praktikum bringen soll und kann. Dazu gehört die beabsichtigte Dauer ebenso wie die Frage, was man genau lernen kann und nach und nach selbst tun darf. Zu bedenken und zu besprechen ist auch, in welchem Rahmen der eigene Hund des Praktikanten dabei sein darf oder nicht.

Schwierig wird es, wenn der Hundetrainer seine Erwartungen an den Praktikanten nicht klar ausdrückt. Notfalls sollte der Praktikant nachfragen, was der Trainer von ihm erwartet und was er darf oder nicht darf. Bei allen verständlichen Einschränkungen („Erst mal nur zugucken und die Klappe halten.“) soll und darf der Praktikant auch gewisse Forderungen stellen, vor allem, wenn er für das Praktikum bezahlt. Schüchternen Praktikanten fällt das verständlicherweise schwer, aber sie sollten bedenken, dass es ihr Geld und ihre Zeit ist, die sie investieren.

Es bringt z. B. nichts, wenn man dazu verdonnert wird, so weit entfernt vom Geschehen zu stehen, dass man gar nichts mitbekommt. Oder wenn der Trainer keine Zeit hat, Fragen zum Geschehen zu beantworten, oder gar keine zulässt. Oder wenn allzu viele Praktikanten gleichzeitig anwesend sind und man deshalb selbst nie zum Zuge kommt.

Oder wenn es sich um ein „Pseudopraktikum“ handelt. Damit meine ich, dass gar kein normaler Unterricht in der Hundeschule begleitet wird, sondern eher ein Seminar für viele „Praktikanten“ gleichzeitig gegeben wird, bei dem diese nur untereinander oder mit dem Trainer üben oder nur Theorie hören. So etwas kann auch viel bringen, aber es sollte fairerweise vorher klar sein, dass die Veranstaltung eher Seminarcharakter haben wird als ein echtes Praktikum in einem Betrieb zu sein. Denn wenn man später eine eigene Hundeschule eröffnen will, ist es viel wertvoller fürs Lernen, wenn man als Praktikant über etwas längere Zeit in einem Betrieb beim ganz normalen Unterricht dabei sein kann. Man lernt dann die Eigenheiten der Besitzer und Hunde ganz anders kennen und erlebt, wie die einzelnen Teams sich entwickeln.

Manchmal gibt es Trainer, die zwar ein gutes Gefühl für Hunde und ihre Menschen haben und gute Praxistipps geben, aber entweder schlecht erklären können oder selbst gar nicht so genau wissen, wie und warum die eigenen Methoden funktionieren, weil ihnen die Hintergrundtheorie fehlt. Fragt man als Praktikant (oder manchmal auch als Kunde!) nach, bekommt man Antworten wie: „Das sieht man doch!“, oder: „Das ist Erfahrungssache.“ Das macht es fast unmöglich, von ihnen zu lernen, es sei denn, man weiß selbst schon viel und kann sich selbst einen Reim darauf machen. Dann kann es für eine gewisse Zeit ganz aufschlussreich und interessant sein, solchen Trainern zuzusehen.

Ein absolutes No-Go ist es, wenn der Trainer Praktikanten oder Mitarbeiter vor den Kunden herunterputzt und blamiert. Eventuell nötige Kritik am Praktikanten kann und muss immer so erfolgen, dass dieser „sein Gesicht wahren“ kann. Der Trainer kann z. B. aktuell eingreifen und die Übung, die der Praktikant leiten sollte, stillschweigend selbst übernehmen. Sind die Kunden weg, kann man dann besprechen, was schiefgelaufen ist. Stellt der Trainer trotz eines Gesprächs über das Problem den Praktikanten wiederholt bloß oder hackt dauernd auf ihm herum, sollte der das Praktikum abbrechen. Ebenso, wenn er indiskutable tierschutzrelevante Trainingsmethoden erlebt oder falls es womöglich zu sexuellen Belästigungen kommt. Zum Glück sind das alles absolute Ausnahmen.

 

Zum Schluss

Irgendwann kommt der Tag, an dem man als Praktikant seinem Lehrer, dem anfangs vielleicht kritiklos bewunderten Hundeschulinhaber, zuguckt und – erst noch etwas zögernd – den Gedanken zulässt: „Das würde ich jetzt anders machen!“ Häufen sich solche Momente, ist man gewöhnlich bereit, mit der eigenen Hundeschule anzufangen.

 

 

Info

„Der Begriff Praktikum bezeichnet eine auf eine bestimmte Dauer ausgelegte Vertiefung erworbener oder noch zu erwerbender Kenntnisse in praktischer Anwendung oder eine Mitarbeit für das Erlernen neuer Kenntnisse und Fähigkeiten in einem Betrieb, … ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes … handelt.“ (Wikipedia)

Normalerweise kostet ein Praktikum den Praktikanten nichts. Eventuell bekommt er sogar eine Vergütung vom Praktikumsgeber, da er ja ggf. im Rahmen des Praktikums auch „richtige“ Arbeit für diesen erledigt. Weil es im Hundebereich aber keine anerkannte Berufsausbildung gibt und ein Praktikum dort die einzige Möglichkeit ist, die „praktische Anwendung“ von theoretischen Kenntnissen zu lernen – außer durch bloßes „learning by doing“ am eigenen Kunden natürlich –, zahlen Hundetrainer-Praktikanten oft dafür, dabei sein und dazulernen zu können. Sie sind dann eigentlich keine Praktikanten im rechtlichen Sinn mehr. Deswegen ist z. B. die Sprachregelung im IHK-Lehrgang zum „Hundetrainer und Verhaltensberater IHK“ inzwischen so, dass dort nicht mehr vom „Praktikum“ und „Praktikanten“ die Rede ist, sondern vom „Praxistraining“ und „Praxisteilnehmer“.

Vor einem Praktikum sollte der Versicherungsschutz geklärt sein. Die meisten Betriebshaftpflichtversicherungen versichern ein oder zwei gelegentliche Praktikanten mit, doch natürlich nur, falls sie versehentlich Schaden in der Hundeschule anrichten. Was „Schäden“ am Praktikanten betrifft, nimmt er als Privatperson auf eigene Gefahr teil. Schülerpraktikanten sind über die Schule versichert, Teilnehmer am IHK-Lehrgang über die Berufsgenossenschaft. Dies erfordert jeweils etwas Papierkram, etwa in Form eines Praktikumsvertrags.

 

Sabine Winkler…

… geboren 1962, gründete 1994 zusammen mit Beate Poetting die Hundeschule „aHa – die andere Hundeausbildung“ in Bielefeld. Sie ist Hundeerzieherin und Verhaltensberaterin BHV / IHK, ihre Hundeschule anerkannter Praktikumsbetrieb für den entsprechenden Zertifizierungslehrgang. Den BHV (Berufsverband der Hundeerzieher/innen und Verhaltensberater/innen e.V.) unterstützt sie als Mitglied und Schriftführerin im Vorstand.

Sabine Winkler hat 15 Jahre Erfahrung als Seminar-Referentin, vor allem für angehende Hundetrainer. Neben gelegentlichen Artikeln für Hundezeitschriften veröffentlichte sie seit 2000 zahlreiche Fachbücher, z.B. „So lernt mein Hund“, „Praxishandbuch für Hundetrainer“ und „Fein gemacht! Hunde richtig motivieren und belohnen“ (alle erschienen im Kosmos Verlag).

 

Weitere Infos: www.aha-hundeausbildung.de

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