Gewalt in der Hundeerziehung – Diskussion

Gewalt_kleinAls die WDR-Sendung „Tiere suchen ein Zuhause“ vor einigen Monaten über das Thema Gewalt, beziehungsweise Gewaltfreiheit, in der Hundeerziehung berichtete, gab es parallel dazu heftige Diskussionen im Internet. Die Weltsichten einzelner Hundehalter prallten aufeinander und es wurde deutlich, dass die Definition von Gewalt gar nicht so eindeutig, sondern vielmehr eine sehr individuelle ist.

Beispiel: Bedrängen, Zischen, Wegschicken – während die einen dies als Varianten physischer und psychischer Gewalt gegen den Hund empfinden, sehen andere darin gewaltfreie Möglichkeiten der Grenzsetzung. Über Auf-den-Rücken-Werfen, Tritte, Stachelhalsbänder, Würgeleinen und Co. muss dagegen scheinbar nicht mehr gestritten werden, denn dass das veraltete Methoden sind, darin scheint man sich einig. Trotzdem erfreut sich mit Cesar Millan auch in Deutschland ein Trainer größter Beliebtheit, der mit solchen Mitteln arbeitet.

SitzPlatzFuss hat mehrere Trainer/-innen gebeten, uns ihre Meinung zum Thema Gewalt in der Hundeerziehung zu schreiben. Wir haben als Leitfaden folgende vier Fragen gestellt, die jedoch frei beantwortet werden konnten:

  1. Was ist überhaupt „Gewalt“ in Bezug auf Hundeerziehung und wo ziehst du/ziehen Sie ganz persönlich die Grenze beim Einsatz von Methoden, Trainingstechniken oder Umgangsformen, die du/Sie bereit bist/sind, anzuwenden?
  2. Ist Training und Umgang mit dem Hund auf der Grundlage ausschließlich positiver Verstärkung möglich?
  3. Wie schätzt du/schätzen Sie die Hundeszene in Deutschland ein: Was ist „Mainstream“, wie arbeiten die meisten Trainer, wie gehen die meisten Hundebesitzer mit ihren Hunden um?
  4. Was ist von Diskussionen im Internet zu diesem Thema zu halten?

Die Antworten folgender AutorInnen können Sie in der aktuellen Ausgabe SPF nachlesen: Manuela Zaitz, Clarissa von Reinhardt, Dr. Barbara Schöning, Jan Nijboer, Nicole Röder, Ina Hildenbrand und Jörg Tschentscher.

Wir würden gerne auch Ihre Meinung hören!
Dass in einer solchen Diskussion die Meinungen auseinander gehen werden ist klar – wir hoffen jedoch trotzdem auf einen sachlichen Austausch und werden keine anonymen Beiträge freischalten.

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32 Gedanken zu „Gewalt in der Hundeerziehung – Diskussion

  • 6. Oktober 2014 um 04:20
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    Schön wieder so eine Diskussion zu lesen. Jetzt kommen wieder alle heilige „Hundetrainer“ und Tierschützer zum Vorschein.
    Solche Diskussionen haben in meinen Augen kein Ende, weil, jeder Mensch und jeder Hund ist anders. Erst einmal sollte das Wort „Gewalt“ genauer definiert werden. Wo beginnt Gewalt? Für mich persönlich, wenn ich schlage, trete oder sowas in der Richtung. Wir haben zwei Hunde, einen Collie und einen Bardino. Der Collie ist der ruhige, verspielte, folgsame Hund, der etwas sensibler reagiert, aber er trotzdem mal eine Korrektur mit der Leine oder den Worten braucht. Und wenn er was fixiert was er nicht soll, wird er auch mal angestupst zur Ablenkung. Ist das schon Gewalt? Ich denke nicht. Die Bardino Hündin (Herdenschutzhund), ist die Axt im Walde. Eigensinnig und Stur würde man beim Menschen sagen. Selbstständig sagt man beim Typ Herdenschutzhund. Beim Kuscheln ist sie direkt dabei, bei der Erziehung kommt man mit Kuschelkurs und Wattebällchen höchstens 2m weit, sie braucht eine konsequente Erziehung mit härterer Tonart. Aber zum Thema zurück. Was machen Hunde wenn sie die Rangordnung herstellen wollen? Sie sagen nicht durch die Blumen wer hier der stärkere ist, da fliegt einer mal auf den Rücken, wird umgerannt, unten gehalten usw bis eine beschwichtigung von dem anderen kommt. Manchmal knallts auch richtig. Da ist ein Zischen, eine Raschelbox, oder mal ein anstupsen Kindergarten dagegen. Stachelhalsband und Co sind auch keine Tierquälerei wenn sie richtig angewendet werden, und nicht den Hund damit quält. Ich benutze sowas nicht, hab eine Abneigung dagegen, aber in manchen „Hundesportvereinen“ werden solche Dinger immernoch benutzt, bei manchen falsch, bei manchen richtig. Unsere zwei werden zum Rettungshund ausgebildet und müssen daher WT/ET und BH ablegen. Also Training in allen Lebenslagen, da muss man halt auch mal nen Leinenruck zur Korrektur geben damit der Hund weis, ok so dann nicht. Wenn ich dann manche Hundeschulen/Hundebesitzer sehe, die ihren Hund totquatschen und mit Leckerlis vollstopfen, auch wenn er was falsch gemacht hat, kann ich nur mit den Augen rollen. Fehler=kein Leckerli, Richtig=Leckerli. NEIN=NEIN und nicht NEIN= Leckerli bis du es richtig machst. Euer Chef sagt Nein, dann ist es ein Nein. Er sagt nicht „Nein, aber hier hast nen Kuchen“ oder „Den Fehler hast du gut gemacht, bekommst trotzdem nen Kuchen bis du es richtig machst“. Euer Chef gibt euch ne Maulschelle in Form von Anschiss oder Abmahnung, ganz einfach. Und wenn man einen Hund auf den Rücken legt, ist das keine Gewalt, sondern das Zeichen in der Hundesprache für „bis hier hin und nicht weiter“ . Hunde lesen lernen in der Körpersprache hilft bei fast allen Situationen um frühzeitig einzugreifen ohne jegliche Gewalt, sofern der Hund gelernt hat dass bei einem NEIN vom Herrchen/Frauchen auch Schluss ist.

    • 6. Oktober 2014 um 13:03
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      Super Kommentar! Hier haben wir doch alles vereint, was es an Clischées und an Unkenntnis so gibt.
      Keine Ahnung von pos. Training, aber auf jeden Fall wissen, dass man mit Wattebauschwerfen nicht 2 Meter weit kommt.
      Rangordnung? Gut, wer sich ein bisschen weiterbildet, weiß, dass es keine Rangordnung unter Hunden gibt. Es gibt keine hierarchischen Strukturen. Das ist zumindest das, was die Wissenschaft heute bewiesen hat, was die Menschen – per se hierarchisch strukturiert – aber nicht wissen wollen.
      Kein Hund schmeißt einen anderen auf den Rücken. Das tun die Hunde freiwillig, um deeskalierendes Verhalten zu bekunden..
      Und der unselige Leinenruck: Wie oft habt ihr schon an der Leine geruckt im Leben? Und? Bringts was? Offensichtlich nicht, sonst müsste man ja nicht ständig rucken.
      Und eben: Solange es solche Meinungen gibt die vor Unwissenheit nur so triefen, muss darüber diskutiert werden, muss aufgeklärt werden.
      Und wie wendet man ein Stachelhalsband richtig an, damit es nicht Tierquälerei ist? Ein Stachelhalsband hat die Aufgabe, dem Hund Schmerz zuzufügen, damit er nicht in die Leine geht. Ansonsten bräuchte ich keines.
      Leider hört man immer wieder genau diese Argumente.
      Und ehrlich: Wenn Stachelhalsband und Co. das einzige Mittel wäre, um einen Hund „gefügig“ zu machen, will man dann überhaupt noch einen Hund haben? Ich würde kein Haustier halten, wenn ich wüsste, ich müsste es quälen, um mit ihm klar zu kommen…

      • 8. Oktober 2014 um 22:43
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        Patrick hat hier sehr schön erklärt, dass es verschiedene Rassen und vor allem verschiedene Charaktere gibt. Hunde wie Border Collie sind meist sehr sensibel, sehr menschbezogen, teils sehr nervös. So einen Charakter muss man etwas vorsichtig anfassen. Es gibt aber auch das Gegeteil. Hunde die einen starken Charakter haben, sich schwer beeinflussen lassen und oft sehr stur sind. Es gibt sicherlich nicht die klassische Rangordnung unter Hunden in unserem Verständnis von Hierarchie. Meist bedeutet es ja, dass ein Rudel einen familiären Verbund bildet. Bei einem „Rudel“ 1 Mensch + 1 Hund, bedeutet es in meinen Augen, dass der Mensch dennoch der Taktgeber sein sollte. Er sollte Regeln aufstellen und deren Einhaltung überwachen. Wie schnell der Hund das lernt und akzeptiert liegt an erster Stelle an der Konsequenz. War ich konsequent und der Hund akzeptiert diese Regel doch nicht, dann war ich nicht deutlich in meiner Körpersprache. War ich konsequent und deutlich in der Körpersprache liegt es mit unter auch am Hund inwiefern er sich diesen Regeln unterordnet. Starke Charaktere mit alternativen Methoden zu trainieren hat meiner eigenen Erfahrung nach nicht viel gebracht. Um den Hund erreichbarer zu machen gibt es deutliche Signale, die ihn aus dem Starrsinn heraus holen.

        Die Durchsetzung von Regeln ist bei einem Hund noch relativ einfach, weil man sich auf nur einen Hund konzentrieren muss. Sobald ein zweiter hinzu kommt, wird es schwierig. Gerade wenn es um Rudelmanagement geht, haben die meisten mir bekannten Hundeschulen die ausschließlich mit alternativen Methoden arbeiten ein großes Defizit. Bei einer Konstellation 2 Hunde + 1 Mensch besteht die Aufgabe des Menschen u.a. darin die Hunde zu beobachten und als Schiedsrichter zu fungieren. Das A&O ist die Beobachtung der Hunde um einzugreifen wenn es nötig ist. Je nachdem welche Charaktere aufeinander treffen, sollte man nicht viel rum diskutieren. Ich habe zwei unkastrierte Arbeitsterrier-Rüden. Würde ich da keinen Punkt setzen, hätte ich schon längst die gröbsten Raufereien gehabt. Vertrauen ist gut, Kontrolle aber dennoch wichtig. Deshalb beobachte ich meine Hunde, wie sie miteinander umgehen. Fehlverhalten an dieser Stelle zu ignorieren könnte richtig in die Hose gehen.

        • 12. Oktober 2014 um 08:56
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          Wieviele Hundeschulen, die „alternativ“ arbeiten – was auch immer das bedeuten mag – kennst du denn? Da die ja nicht gerade geballt auftreten, da es ja immer noch mehr en vogue ist, den Hund zu malträtieren und auf den Rücken zu schmeißen oder deine Rudelstellung zu bestimmen als mit Verstand zu erziehen, bezweifele ich, dass du überhaupt eine kennst oder je besucht hast!

          Wir reden hier über gewaltfreies Hundetraining. Nicht alternatives Hundetraining. So viel Zeit muss sein. Und jeder Hund sollte gewaltfrei erzogen werden. So wie jeder Mensch ohne Gewalt erzogen werden sollte. Und zwar jeder! Es spielt doch überhaupt keine Rolle, ob ein Hund sensibel ist oder nicht – wer die Lerntheorie verstanden hat, weiß, dass die Lernesetze bei jedem Hund (und jedem Säugetier) gleich funktioniert – sonst wären es nämlich keine Gesetze.

          Man sollte jeden Hund konsequent (ungleich Strenge!) erziehen und Regeln aufstellen, die er befolgen muss, um integriert in unserer Gesellschaft leben zu können: Und Konsequenz heißt immer. Nicht nur montags und donnerstags und wenn du gerade nicht zu faul bist, vom Sofa aufzustehen.

          Wer die Werkzeuge der Werkzeugkiste der pos. Verstärkung kennt, hat bald verstanden, dass die bei jedem Hund funktionieren, dass alles eine Frage des Trainings ist, dass jeder Hund sein individuelles Paket geschnürt bekommen muss, das seine Fähigkeiten umschließt, seine individuellen Grenzen berücksichtigt und auch die Intensität und Häufigkeit des Trainings einschließt – und dass es nicht um „härter anfassen“ und „strenger sein“ geht bei schwierigen oder „unsensiblen“ Hunden.

          Im übrigen wird’s Zeit endlich einzusehen, dass Mensch und Hund niemals nicht ein Rudel bilden, und Mensch schon dreimal nicht Rudelführer sein kann. Das grenzte an ein biologische Wunder. Aber mit Bio habt ihr es ja nicht so. Deshalb gehen da auch Rudel.

          Hunde sind auch nicht „starrsinnig“, „stur“ oder wollen den Menschen ärgern. Dies sind menschliche Attribute, die man Hunden aufstülpt, weil man die menschliche Brille aufhat und „vermenschlicht“, weil’s so schön einfach ist.
          Ein Hund agiert aber schlichtweg hündisch: motivationsgetrieben, bedürfnisorientiert. Und wenn der nicht will wie du, dann würde ich mich mal fragen warum das so ist und mein Training umstellen oder anpassen oder überhaupt den Sinn hinterfragen.

          Carolin Hoffmann – nicht nur hund – hundeschule willi wollmatingen
          zertifizierte Hundetrainerin SKN cumcane familiari
          (eine von den „alternativen“, dabei wähle ich die SPD, setze auf wissenschafliche Erkenntnisse und tanze nicht meinen Namen)

  • 5. Oktober 2014 um 15:12
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    Hunde nur mit Leckerlis zu erziehen kann funktionieren. Hat man einen Hund, der sehr hoch im Trieb steht wird man rein mit Leckerlies und Clicker nicht weit kommen. Es gibt Hunde mit einem sehr hohen Intellekt und einem sehr starken Charakter (Arbeitsterrier zB) . Je nach Trieblage sind sie dann mehr oder weniger einfach zu handhaben. da muss ich dann als Mensch eben auch mit Mitteln arbeiten, die Hunde auch bei sich selbst anwenden würden. Nie würde ich zu Tele oder Stachler greifen. Übermäßige Gewalt widerstrebt mir. Allerdings widerstrebt es mir auch einen Hund mit Samthandschuhen anzufassen. Ich habe zwei Terrier, die wenn sie miteinander spielen nicht gerade zimperlich miteinander sind. Beides sind unkastrierte Rüden die sich mögen und respektieren. Meine Konsequenz und mein Durchsetzungsvermögen ermöglichen einen recht harmonischen Umgang. Ich setze meine Regeln strikt durch und ja es gibt ab und an mal Ärger. Ich bin für meine Erziehungsmaßnahmen auch schon verurteilt und angefeindet worden. Wenn aber jemand, der mit seinem Hund absolut überfordert ist, seinen Hund zum Tierarzt schickt und kastriert, ist das für viele normal und o. k. für mich nicht!!!! Eine Kastration ohne jegliche medizinische Indikation ist für mich REINE Tierquälerei!! Wie oft habe ich dann gesehen, dass Hunde kastriert werden weil man sich davon verspricht, dass sie handelbarer (ruhiger) werden. Die wenigsten sind sich über die gesundheitlichen Folgen bewusst. aber die meisten wollen es nicht sehen, weil die Kastration schnell und einfach ist. Im Grunde badet der Hund das aus, was in der Erziehung vernachlässigt worden ist. Lieber verzieht man die Hunde im Weichspülgang um sie später zu kastrieren, damit man mit ihnen besser zurecht kommt. Genau DAS ist für mich Tierquälerei.

    • 8. Oktober 2014 um 08:43
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      Wer sich mit dem Thema Kastration auseinander setzt, weiß das es enorme Risiken hat und bestimmte Verhaltensprobleme verschlimmern kann. Die Trainer die nach trainieren statt dominieren arbeiten, haben so ein fundiertes Grundlagenwissen, dass hier sicherlich keine Kastration per se empfohlen wird. Ich denke das ganze hat recht wenig mit dem Thema zu tun. Es geht ja darum, wie man mit seinem Hund trainiert und nicht, dass gar kein Training erfolgt und stattdessen eine Op erfolgt. Das hat er was mit Unwissenheit zu tun und nicht mit der Form des Trainings an sich.

      • 8. Oktober 2014 um 22:09
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        Schön und gut. Aber meine Beobachtung ist, dass die Menschen zu sehr auf alternative Trainingsmethoden setzen. Manche haben schon richtige Scheuklappen angelegt und möchten auch nicht nach links oder rechts schauen. Aus meiner Erfahrung heraus kann man nicht jeden Hund mit alternativen Methoden erziehen. Es gibt so viele Facetten in der Hundeerziehung: Prägung, Sozialisierung, Trieb, Erfahrung, etc. Leider wird das von vielen Trainern nicht berücksichtigt. Es gibt sensible Hunde. Es gibt aber auch Hunde, die sehr hoch im Trieb stehen, die über ein hohes Selbstbewusstsein verfügen, die Stur sind und ihren eigenen Kopf haben. Einen Hund, der sehr selbstbewusst ist und dazu noch glaubt der Chef im Ring zu sein, den kann ich nicht mit alternativen Methoden „heilen“. Ich muss irgendwo mitteilen, dass es Tabus gibt und das man diese nicht überschreitet. Desto mehr ich an einer Sache herum bastle desto schlimmer wird es. Es liegt natürlich auch viel an der inneren Einstellung. Wenn ich gewisse Vorstellungen habe, dann setze ich diese auch durch. Es gibt natürlich immer Baustellen, Dinge die man verbessern kann, aber die wichtigsten Regeln werden immer durchgesetzt. Ich passe meinen Erziehungsstil immer an den jeweiligen Hund an, dass sollte ich vielleicht auch noch erwähnen. Es gibt keine „Methode“ die für jeden Hund gilt. In meinen Augen ist es besser einen mittleren Weg zu gehen und die Erziehungsmethoden an die jeweilige Situation und den jeweiligen Hund anzupassen. Nicht mehr und nicht weniger – dann muss man auch nicht zu Mitteln wie Kastration greifen.

        • 12. Oktober 2014 um 16:58
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          Für mich ist schon einmal eine der wichtigsten Fragen: WIE manifestiere ich, dass ich „Chef“ (wenn man unbedingt davon reden will) bin? Indem ich den anderen erniedrige, oder indem ich immer wieder beweise, dass ich die notwendigen Eingenschaften für diese Postition mitbringe?

          Hast Du schon einmal versucht, Dich zu fragen, ob DU den Anforderungen an eine Führungspostion (aus der Sicht des Hundes) gewachsen bist?

          Gehen wir (auch wenn das schon der gängigen Theorie des ewigen Rangkampfes zwischen Mensch und Hund widerspricht) mal davon aus, Dein Hund würde Dich per se schon mal als wichtige Persönlichkeit in seinem Leben einstufen – einfach, weil Du die wichtigsten Ressourcen verwaltest (Futter, Gassigehen, Spielen). Und gehen wir mal davon aus, dass der Hund deshalb schon sehr geneigt ist, sich an Dir zu orientieren und es sich mit Dir nicht zu verderben und Dir in letzter Konsequenz gefallen will.

          Fakt ist;: Er weiss aber nicht, WAS Du willst (Leinenführigkeit, auf Kommando herkommen etc gibt es für Hunde nämlich erst einmal nicht). Ebenso Fakt ist: Er kann uns auch erst einmal nicht verstehen, weil wir keine Hunde sind und uns nicht wie Hunde verhalten. Die den Hunden angeborene, sehr feine und vielschichtige Kommunikation können wir auch nicht. Jeder Versuch, sie zu imitieren kann nur zu Missverständnissen führen.

          Die Ausgangslage wäre also: Hund will, weiss aber nicht was er soll und kann uns nicht verstehen (und ganz wichtig: er kann nichts dafür) Müssten wir uns dann nicht die Frage stellen, was wir falsch machen, wenn der Hund nicht so reagiert wie wir es gerne hätten? Wäre es dann nicht aus Sicht des Hundes ungerecht, wenn er macht, was er vielleicht sogar glaubt dass wir es von ihm wollen, dann aber bestraft wird? Würde das nicht auch Zweifel an der Befähigung des Menschen als Führungsfigur aufkommen lassen – mit der Konsequenz, dass er diese Aufgabe dann halt selbst ausführt? Was dann wieder zu Situationen führen wird, in denen wir ihn strafen, weil er nicht gemacht hat, was wir wollen?

          Wenn die Sache zwischen Hund und Mensch so herum abläuft, welch fatale Negativ-Spirale lösen wir damit aus (und die läuft auch höchst individuell pro Hund ab), dass wir lieber strafen und Stress machen, als uns die Mühe zu machen – und sei es nur aus Angst vor den Nebenwirkungen – ihnen zu zeigen, was wir wollen? Sind diejenigen, die es angeblich immer wieder austesten, vielleicht einfach die, die umso verwirrter sind oder die, die gelernt haben, sich besser auf sich selbst zu verlassen?

          Grenzen setzen und durchsetzen kann man auch positiv, Bindung aufbauen so und so. Vertrauen und Respekt baue ich vor allem dadurch auf, dass ich funktioniere und meine Aufgaben als Führungsfigur erfülle. Und das funktioniert auch mit sogenannten „Problemhunden“ – das sind nämlich oftmals die ängstlichen oder die besonders intelligenten, die an ihre Führungsfigur sehr hohe Anforderungen stellen.

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