LESEPROBE: Feine Näschen gegen fiese Krabbler

Wie Hunde zu Helfern im Kampf gegen den Asiatischen Laubholzbockkäfer werden.

Von Petra Balai

 

Wenn Michaela ihrem Weißen Schweizer Schäferhund Aisbär sein spezielles Suchgeschirr anzieht, vergisst er schon mal seine sonst so gute Kinderstube und jault vor Freude los. Dieses einfache Ritual zeigt ihm, dass es jetzt wieder auf die Jagd geht bzw. auf die Suche nach dem Geruch, der die Belohnung bringt: der Geruch von Anoplophora glabripennis!

Dieser ist nur 2,5 bis 4 cm lang und sieht mit seinen hellen Punkten auf dunklem Grund sowie den überdimensionierten Fühlern eigentlich ganz possierlich aus. Doch leider sind der Asiatische Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis, kurz ALB) und sein Verwandter, der Chinesische Laubholzbock (auch Zitrusbockkäfer genannt, Anoplophora chinensis, kurz CLB) weder niedlich noch harmlos, sondern zählen zu den hundert schädlichsten invasiven Lebewesen, die neue Ökosysteme bedrohen, in die sie verschleppt werden. Sie wandern dabei als blinde Passagiere in Containern aus Asien ein, wo sie sich im Verpackungsholz, z. B. Paletten, oder lebenden Pflanzen verstecken. Normalerweise müsste dieses Verpackungsholz zwar vor dem Verladen thermisch oder chemisch behandelt werden, um unerwünschten Mitreisenden den Garaus zu machen, doch kann dies schon mal aus Kostengründen „vergessen“ werden. Und schon sind die kleinen Käfer auf dem besten Weg, sich neue Welten zu erobern – und dabei ganze Wälder zu gefährden.

 

krabbler

Das Weibchen bohrt dazu kleine Ritzen in Bäume, in die sie ihre ca. 60–150 Eier ablegt. Daraus schlüpfen, abhängig von der Temperatur, nach zwei bis fünf Wochen 0,5 cm große Larven, die im Verlauf der nächsten eineinhalb Jahre weitere Gänge in den Baum fressen und bis zu 5 cm groß werden. Schließlich befreit sich der fertig entwickelte Käfer durch ein Loch in der Rinde und sucht sich einen neuen Baum; der Zyklus beginnt von vorn. Die dabei entstandenen Hohlräume im Baum unterbrechen den Saftfluss und es können sich zudem Pilze bilden, die zum Absterben des befallenen Baums führen. Die gute Nachricht: Anoplophora ist von sich aus nicht besonders mobil und bewegt sich nur auf Bäume fort, die nicht allzu weit entfernt sind. Die schlechte Nachricht: Die genannten Anoplophora-Arten sind dabei nicht sehr wählerisch bei der Auswahl der Bäume, was sie für die heimische Flora zur großen Gefahr macht. Anoplophora glabripennis kann eine Vielzahl an Laubbäumen befallen, in Deutschland favorisiert er Ahorn, Kastanie, Weide, Birke, Pappel und Esche. Und auch der Zitrusbockkäfer mag zwar gern Zitrusbäume (wie der Name schon andeutet), schreckt aber auch vor anderen Laubbäumen und -gehölzen, z. B. Rosen, nicht zurück. Monokulturen wie Obstplantagen und Baumschulen sind daher besonders gefährdet. Aber auch in Städten mit einheitlich bepflanzten Alleen besteht die Gefahr, dass sich die Plagegeister Straßenzug um Straßenzug ausbreiten.

In Amerika wurden die unerwünschten Einwanderer 1996 erstmals entdeckt und inzwischen gelten 30 % des Baumbestands bereits als gefährdet; der dadurch entstehende mögliche Schaden für Holz- und Landwirtschaft und den Tourismus wird auf 650 Milliarden Dollar geschätzt. Auch in Europa wird Anoplophora-Befall seit 2001 dokumentiert und man kann sich vorstellen, dass nicht nur die Forstwirtschaft ein großes Interesse daran hat, die Ausbreitung des unwillkommenen Gastes zu verhindern, um großen Schaden von Wäldern und Städten abzuwenden. Innerhalb der EU und Schweiz besteht daher Meldepflicht für die gefräßigen Krabbler, die manchmal durch Zufall entdeckt werden. Für den Menschen ist es allerdings mühsam und wenig Erfolg versprechend, Baum für Baum abzusuchen. Oft sind zunächst nur die Kronen befallen, sodass Baumsteiger eingesetzt werden müssen. Zudem ist der Befall durch Eier und Junglarven visuell nur schwer erkennbar und möglicherweise gesunde Bäume könnten durch die Entnahme von verdächtigem Material beschädigt werden. Also eindeutig ein Fall für vierbeinige Spürnasen, die mit Leichtigkeit Anoplophora in allen Entwicklungsstadien erschnüffeln können!

Erste Anlaufstelle ist hierfür das Bundesforschungszentrum für Wald in Österreich (BFW), eine der bekanntesten Ausbildungsstätten für Anoplophora-Spürhunde. Hier entwickelten die Diplom-Biologin Ute Hoyer-Tomiczek und die Biologin Dr. Gabriele Sauseng bereits 2009 diese Detektionsmethode und konditionierten zunächst die eigenen Hunde für die Jagd auf den schädlichen Käfer. Seit 2011 bieten die beiden für das BFW in der Forstlichen Ausbildungsstätte in Ossiach, Kärnten, nun mehrmals im Jahr Kompaktkurse an, in denen Mensch und Hund zu Anoplophora-Spürhundeteams ausgebildet werden. Jeder Kurs besteht aus zwei einwöchigen Modulen, die aufeinander aufbauen und mit jeweils einer schriftlichen und praktischen Prüfung enden.

Um näheren Einblick in die Thematik zu erhalten, sprach ich mit Ute Hoyer-Tomiczek und einer Absolventin des Kurses des BFW: Michaela Starke hat im Herbst 2015 mit ihren beiden Hunden Timo (damals drei Jahre alt) und Aisbär (damals ein Jahr jung) selbst die Ausbildung durchlaufen. Michaela ist aktive Hundesportlerin, Leistungsrichterin für Rally Obedience und studierte Forstingenieurin. Auf die Idee, sich für die Ausbildung in Österreich anzumelden und ihre beiden Leidenschaften, Hundeausbildung und Forstwirtschaft, miteinander zu verbinden, brachte sie eine frühere Kommilitonin.

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