Ein (Hunde-)Leben lang, ist doch zu kurz …

(Foto: Pete Sherrard / Shutterstock.com) Leseprobe aus der SPF 24

Von Wibke Hagemann

 

Trauer_www
(Foto: Pete Sherrard/Shutterstock.com)

Ich kenne nur wenige, die sich mit dem Thema Trauer oder Abschied bewusst beschäftigen. Dennoch ist es ein Thema, das uns alle betrifft und für uns Hundehalter eigentlich allgegenwärtig ist, denn die Lebenszeit unserer Hunde ist leider kurz im Vergleich zu unserer. Je nach Rasse, Größe und Gesundheit endet die gemeinsame Zeit mit unseren Hunden nach durchschnittlich 7–15 Jahren. Zum Glück ist uns dies die meiste Zeit nicht präsent, und so können wir eine unbeschwerte Zeit voller Abenteuer und schöner Momente verbringen. Es kommt allerdings auch vor, dass unsere Tiere durch tragische Umstände aus dem Leben gerissen werden und wir sehr plötzlich mit dem Thema Trauer konfrontiert werden.

In unserer heutigen Zeit haben Haustiere in den meisten Familien einen anderen, höheren Stellenwert als noch vor 30 Jahren. Hunde sind heute Familienmitglieder, Kindersatz, Sportpartner oder bewahren manchen alleinstehenden Menschen vor der Einsamkeit. Und so wundert es nicht, dass heutzutage auch das Abschiednehmen schwieriger ist. Ein Lebewesen, das uns lieb und wichtig ist, uns nahesteht und mit dem wir viel verbinden, ist schwerer loszulassen.

Verlieren wir einen geliebten Menschen, kann dies traumatisch und extrem schmerzlich sein. Der Verlust eines geliebten Haustiers löst in den meisten von uns die gleichen Emotionen aus, eben weil es für viele nicht „nur ein Hund“ war. Der Tiefgang der Trauer ist bei jedem Menschen und jedem Verlust unterschiedlich und einzigartig. Ein schwerwiegender Faktor beim Abschied von unseren Haustieren ist die Tatsache, dass wir häufig die Entscheidung über Leben und Tod treffen müssen. Dies stellt viele Menschen vor eine schier unlösbare Frage, mit der sich eine Vielzahl der Tierhalter nur allzu ungern auseinandersetzt. Manchmal haben die Tierhalter im Nachgang Zweifel an ihrer Entscheidung und werden von Schuldgefühlen geplagt, das macht die Trauerarbeit umso schwieriger.

In der Trauerarbeit und dem Umgang mit Trauer hat sich in den letzten 10 Jahren viel getan – ein Thema, das endlich gesellschaftsfähig wird? Das wäre schön, doch hier ist noch viel Bemühung vonnöten. Obwohl Trauerbegleiter, Beratungszentren und Hospize viel wertvolle Aufklärung und Unterstützung bieten, werden Beratungen und Workshops nur wenig angenommen. Die Scheu, über Themen wie Sterben und Trauer zu sprechen, ist immer noch groß, was absolut nachvollziehbar und verständlich ist.

Als Hundetrainer hat man unweigerlich mit Menschen zu tun, die trauern, doch auch als Hundehalter begegnen wir Menschen, denen der Verlust ihres Tiers gerade nahegeht. Je nach Menschentyp und eigener Verfassung kann der eine sehr gut mit der Traurigkeit anderer umgehen und sein Gegenüber trösten. Einige andere fühlen sich bei solchen Zusammentreffen eher bedrückt und gehemmt. Die Angst, etwas Falsches zu sagen, ist groß. Auch Schamgefühle, dass die eigenen Gefühle losbrechen, wirken oftmals wie ein Minenfeld zwischen den Gesprächspartnern. In einzelnen Fällen kann die Begegnung zusätzlich schwierig sein, wenn Unverständnis über das Handeln oder über die Entscheidung des trauernden Hundehalters aufkommt, sodass es schwerfällt, Empathie für den Trauernden aufzubringen.

Allerdings hat nicht jeder trauernde Mensch, dem wir begegnen, seinen Hund oder einen nahestehenden Menschen verloren. Scheidung, Trennung, der Verlust eines wichtigen Lebensaspekts (der Verkauf eines Hauses oder eine schwere Erkrankung) kann Traurigkeit und in manchen Fällen Trauer auslösen.

Doch was bedeutet „Trauer“ eigentlich? Trauer ist ein Gemütszustand, der durch ein schmerzliches Ereignis mit Gefühlen der Traurigkeit und starker Niedergeschlagenheit einhergeht. Hinzu gehört ein Prozess der Bewältigung des Verlustes. Trauer ist nicht eindimensional und folgt keinen Regeln, sondern ist so individuell wie die Menschen und die Ursachen ihrer Trauer. Trauer ist ein unentbehrlicher Prozess für die Seele, da sie dazu dient, die Geschehnisse zu verarbeiten und einen neuen Weg nach dem Verlust zu finden. Sie ist also etwas Gutes und Hilfreiches, obwohl die meisten von uns sie als etwas Schlechtes empfinden.

Wenn man diese Beschreibung liest, haben wir in unserem Alltag viel öfter mit Trauer zu tun, als man vielleicht bisher vermutet hat. Was kann man tun, wenn man im Alltag auf Trauernde trifft?

 

Unerwartet auf ein Minenfeld geraten?

Ein zufälliges Treffen im Supermarkt und die Hundeschulkundin bricht bei der Begrüßung in Tränen aus? Man trifft den Nachbarn überraschend mit einem statt sonst mit zwei Hunden? Was nun? Ein Gespräch beginnen? Fragen „Wie geht’s?“? Einfach ignorieren?

(…)

„Was soll ich bloß sagen? Alles wirkt unpassend …“

„Ich habe Angst, etwas Falsches zu sagen, daher sage ich lieber nichts.“ Diese Reaktion ist völlig normal und es geht vielen Menschen so. Eine ähnliche Reaktion ist, dem Trauernden aus dem Weg zu gehen oder vorzugeben, man wisse nichts von dem Verlust. Bei diesen Strategien muss uns klar sein, was wir bei den Trauernden auslösen. Menschen, die ausgeschlossen werden oder das Gefühl haben, ignoriert, vielleicht sogar gemieden zu werden, empfinden Schmerzen. Wissenschaftler konnten in vielfachen Versuchen darstellen, dass im Gehirn die Schmerzzentren aktiv werden, wenn Menschen sich „ausgegrenzt fühlen“ oder sich „nicht gesehen fühlen“.

Daher ist es ratsam, sich zu überwinden und authentisch zu sein. Man kann ruhig zugeben, dass man schlecht mit einer solchen Situation umgehen kann oder nicht recht weiß, was man sagen soll. Sein Gegenüber wissen zu lassen, das man ihn wahrgenommen hat, und zu fragen, ob man etwas für ihn tun kann, bewirkt oft schon Großes. Nur aus Höflichkeit „Na, wie geht’s?“ zu fragen, ist genauso unpassend, wie jemandem eine tröstende Umarmung aufzuzwängen.

Offene Ansprache: „Ich habe gehört, was passiert ist. Kann ich etwas für dich tun?“

Authentisch sein: Ein gefühlvoller Mensch weint vielleicht zusammen mit dem Betroffenen ein paar Tränen, bevor man über die Geschehnisse spricht. Das ist eine mitfühlende Geste der Anteilnahme und sehr empathisch. Doch nicht jeder steht uns so nahe, dass es uns zu Tränen rührt, und auch das ist in Ordnung. Den Trauernden zu fragen: „Darf ich dich in den Arm nehmen?“, oder: „Soll ich deine Hand halten?“, kann mit Zustimmung des Betroffenen eine sehr tröstliche Geste sein. Offen darüber sprechen, dass man sich hilflos fühlt und nicht weiß, was man sagen soll, ist ehrlich und stößt sehr oft auf Verständnis bei den Trauernden. Ehrlichkeit ist viel wertvoller als die üblichen oder gar geheuchelten Beileidsbekundungen.

(… Den kompletten Artikel lesen Sie in der SPF 24)

 

Wibke Hagemann…

…leitet die Hundeschule Canipedia in Emsdetten. Sie ist Referentin, Fachbuchautorin und TOP-Trainerin der Tierakademie Scheuerhof. 2014 absolvierte sie ein Fernstudium über die „Grundlagen der Psychologie“. In Seminaren bei Bob Bailey, Parvene Farhoody, Ken Ramirez und den Hühnermodulen von Viviane Theby hat sie ihr Wissen und ihr Trainingshandwerk verfeinert. Sie ist Co-Trainerin bei der Trainerfortbildung „Trainingsspezialist“ für Hundetrainer unter der Leitung von Katja Frey und ist Referentin bei der „Hundetrainerausbildung der Tierakademie Scheuerhof“. Einer ihrer zentralen Wünsche für das „Tiertraining der Zukunft“ ist, dass es für Mensch und Tier zum gemeinsamen positiven Erfolgserlebnis wird. Um diese Philosophie zu verbreiten, teilt sie ihre Begeisterung und ihr Wissen in Seminaren und berät Tierhalter und Tiertrainer aus unterschiedlichsten Bereichen.

Weitere Infos:

www.canipedia.de und www.tiertrainingakademie.de

Teile diesen Beitrag